Die Malaria kommt lautlos. Anopheles ("Nichtsnutz") heißt die Mücke, die die Krankheit überträgt – und oft keinen Ton von sich gibt. Auch ihr Stich ist oft unsichtbar. Dann kommt ganz plötzlich der stechende Kopfschmerz, das hohe Fieber, der Schüttelfrost, die Krämpfe, das Koma, der Tod. Nach Schätzungen der World Health Organisation (WHO) erkranken jedes Jahr über 300 Millionen Menschen an dieser häufigsten Tropenkrankheit, die auch Wechsel- oder Sumpffieber genannt und durch einzellige Parasiten ausgelöst wird. Unter den Toten sind jährlich mehr als eine Million Kinder.
Dabei könnten viele der Opfer gerettet werden, denn Malaria gilt als gut behandelbar. Aber sie ist auch eine vernachlässigte Krankheit, da sie, wie die meisten Tropenkrankheiten, vor allem die Ärmsten der Armen in der Region zwischen den Wendekreisen und den angrenzenden Subtropen befällt. Die Institute für Tropenmedizin in Europa wollen hier handeln.
Hamburg als Zentrum
Malaria, Cholera, Typhus, Bilharziose, Flussblindheit, Gelb,- Lassa- oder Denguefieber: Das sind nur einige der Krankheiten, für die sich Europa Ende des 19. Jahrhunderts zu interessieren beginnt. Zwischen 1880 und 1900 werden auf dem "alten" Kontinent die ersten Tropeninstitute gegründet – allerdings nicht aus Menschenfreundlichkeit. Im Gegenteil: Ihre Forschung dient vor allem dem Schutz der Soldaten, Beamten und Händler, die im Zuge des Kolonialismus in die Tropen strömen. Viele von ihnen bringen die Krankheiten, die in der Heimat unbekannt sind oder als ausgestorben gelten, bei ihrer Rückkehr mit.
Die Gründung des Bernhard-Nocht-Instituts ist eine Folge der großen Hamburger Choleraepidemie von 1892. Damals sterben in der Hansestadt Tausende von Menschen. Die Epidemie führt zu einer Reformation des hanseatischen Gesundheitswesens. Die Initiative dazu geht von den Kaufleuten aus, die ihren Handel bedroht sehen – und vom Hamburger Hafenarzt Bernhard Nocht. Heute ist das Institut mit 400 Mitarbeitern in Hamburg und Ghana die größte tropenmedizinische Einrichtung in Deutschland.
Tigermücken in Süddeutschland
Von daher ist es kein Wunder, dass die "1. Europäische Konferenz für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit" am 22. Oktober 1995 in Hamburg stattfindet. Ähnliche Treffen von Forschern und Ärzten hat es schon vorher gegeben. Auf dem Kongress schließen sich die Institute aber zur "Föderation der Europäischen Fachgesellschaften für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit" zusammen, um sich besser austauschen zu können.
Das tut auch dringend not. Denn längst sind die Tropenkrankheiten durch den internationalen Verkehr zu einem globalen Problem geworden. So brachten Migranten 2009 auch die Malaria nach Griechenland. Auch hat sich zwischen 2000 und 2003 das West-Nil-Fieber, das von Mücken übertragen und von Zugvögeln verbreitet wird, innerhalb kürzester Zeit über ganz Nordamerika verbreitet. Und die asiatische Tigermücke, die für Dengue- und Chikungunyafieber verantwortlich ist, kommt sogar nach Süddeutschland.
Stand: 22.10.2015
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 22. Oktober 2015 ebenfalls an die erste europäische Tropenmedizinkonferenz. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.