Mit der Fläche eines Fußballfelds ist "P-36" die größte Öl-Bohrinsel der Welt. Ursprünglich ist der Koloss für Bohrungen in 500 Metern Tiefe gebaut. Doch Brasiliens halbstaatlicher Ölkonzern Petrobras lässt die Plattform umbauen und setzt sie ab Mai 2000 vor der Küste ein, wo der Meeresboden fast 1.400 Meter tief ist.
Zehn Monate fördert "P-36" täglich zwölf Millionen Liter Öl. Das "schwarze Gold" soll das Land vom internationalen Ölmarkt unabhängiger machen. Dann führt eine Katastrophe innerhalb von fünf Tagen den Untergang des Prestigeobjekts herbei.
30.000 Tonnen versinken im Atlantik
Am 15. März 2001 dringt bei Reinigungsarbeiten unkontrolliert Gas in einen Tank ein. Als dieser platzt, entzündet sich das überall vorhandene Öl-Gas-Gemisch und löst Explosionen aus. Elf der 175 Arbeiter auf der "P-36" sterben. Ein Pfeiler der Plattform wird so stark beschädigt, dass sie auf einer Seite absackt.
Aus geborstenen Rohrleitungen drohen 1,5 Millionen Liter Öl auszutreten und in küstennahen Naturparks und Mangrovenwäldern eine ökologische Katastrophe auszulösen. Tagelang versuchen Spezialkräfte die Bohrinsel wieder aufzurichten. Vergeblich. Am 20. März 2001 versinkt die über 30.000 Tonnen schwere Anlage in den Fluten des Atlantiks. "Fassungslos standen die Techniker daneben und mussten das Schauspiel mit ansehen", berichtet die Tagesschau.
Befürchtete Umweltkatastrophe bleibt aus
Die befürchtete Umweltkatastrophe bleibt – dieses Mal – zum Glück aus. Die Förderlöcher konnten rechtzeitig geschlossen werden. Das dennoch ausgetretene Öl treibt dank günstiger Windverhältnisse aufs offene Meer und verschont die Küste.
Doch der Untergang von "P-36" ist der größte Unfall einer langen Reihe von Unglücken und Skandalen bei Petrobras. Der Konzern muss sich nun den Vorwurf gefallen lassen, an der nötigen Sicherheit gespart zu haben. So hat Petrobras in den 1990er Jahren die Produktion zwar erheblich gesteigert, seine Belegschaft aber nahezu halbiert.
Umweltschützer fordern Verbot von Tiefsee-Bohrungen
Auch andere Ölkonzerne sparen an der Sicherheit: Im April 2010 geht mit Deepwater Horizon erneut eine große Bohrinsel unter – und verursacht eine Ölpest im Golf von Mexiko und an der US-Küste.
Angesichts der enormen Risiken fordern Umweltschützer schon lange die Bohrungen in der Tiefsee einzustellen. "Die Wassertiefen lassen es eben nicht zu, dass Menschen dort unten – wenn es zu einem Unfall kommt – agieren können", mahnt Greenpeace-Meeresbiologe Jörg Feddern.
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