2017 wird Charles Aznavour mit einem Stern auf dem "Walk of Fame", der Ruhmesmeile von Hollywood, geehrt. Der französische Sänger hat damals 70 Jahre Karriere hinter sich: 1.300 Chansons, Konzerte in 94 Ländern und acht Sprachen, 200 Millionen verkaufte Tonträger.
Doch so erfolgreich ist der am 22. Mai 1924 in Paris geborene Sohn einer geflüchteten armenischen Künlsterfamilie nicht von Beginn an. Seine Durststrecke dauert Jahrzehnte. "Man fand mich hässlich, meine Stimme schlecht", sagt er rückblickend. Sein Gegenmittel: "Ich habe mich an mich gewöhnt."
Lieder für andere
Edith Piaf erkennt den Chanson-Autor und -Komponisten 1946 als erste an. "Sie ist die einzige Person, die mein Leben und meine Karriere beeinflusst hat", sagt Aznavour. "Von Edith habe ich alles gelernt."
Aznavour schreibt zunächst Lieder für andere: Juliette Gréco, Gilbert Bécaud, Sylvie Vartan, Johnny Hallyday. Dann nimmt auch seine Solokarriere Fahrt auf. Ab 1960 gelingt ihm fast jedes Jahr ein Hit - zunächst in Frankreich, dann in Europa.
Texte am wichtigsten
Aznavour schreibt populäre Lieder, die Geschichten erzählen. Zu den bekanntesten zählen "Je hais les dimanches", "Après l'amour", "La Mamma" und "Hier encore". Für ihn sind die Wörter am wichtigsten: "Die Musik ergibt sich aus dem Text." Jeder Text habe einen Takt, den gelte es zu finden.
Darum hasst es Aznavour, wenn bei seinen Konzerten durchgehend geklatscht wird. "Dann kann man den Text nicht mehr verstehen, auf den ich so stolz bin."
In 80 Filmen mitgewirkt
Schließlich erobert Aznavour den Weltmarkt. Er singt mit Frank Sinatra und swingt mit Liza Minelli. Auch als Schauspieler ist er gefragt.
Aznavour tritt in über 80 Filmen auf, etwa im Kriegsfilm "Taxi nach Tobruk" (1961), in Volker Schlöndorffs Verfilmung der "Blechtrommel" (1979) und im Drama "Ararat" (2002), das sich mit dem Völkermord an den Armeniern beschäftigt.
Für Armenien setzt sich Aznavour immer wieder ein, unter anderem finanziell und persönlich nach dem Erdbeben von 1988 und später als armenischer Botschafter in der Schweiz.
Staatsakt in Paris
Drei Tage vor seinem Tod erzählt Aznavour in einer Talk-Show, er habe mit seiner Schwester beschlossen, über 100 Jahre alt zu werden. Aber das gelingt ihm nicht: Er stirbt am 1. Oktober 2018 mit 94 Jahren in Mouriès in der Provence.
In Paris nimmt Frankreich mit einem Staatsakt Abschied von Charles Aznavour - anwesend sind unter anderem zwei ehemalige Präsidenten und der amtierende sowie der armenische Premierminister.
Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 22. Mai 2019 ebenfalls an Charles Aznavour. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 23.05.2019: Vor 70 Jahren: Das Grundgesetz wird verkündet