Die "Spiegel"-Affäre macht ihn weltweit bekannt. Als stellvertretender Chefredakteur veröffentlicht Conrad Ahlers am 10. Oktober 1962 im Hamburger Nachrichtenmagazins einen Artikel über den Zustand der Bundeswehr. Unter dem Titel "Bedingt abwehrbereit" beschreibt er die Ergebnisse der alljährlichen Nato-Herbstübung: Das Manöver "Fallex 62" habe gezeigt, dass die Bundeswehr gegen einen sowjetischen Atomschlag völlig unzureichend gerüstet sei. Damit steht Verteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU) in der Kritik. Dessen Reaktion: Er befiehlt - am zuständigen Innenminister vorbei, aber mit Wissen von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) - die Durchsuchung der "Spiegel"-Redaktion und die Verhaftunvg von Mitarbeitern.
Auch Ahlers, der gerade in Spanien Urlaub macht, wird auf Befehl von Strauß aus dem Bett geholt und inhaftiert. Später versucht Adenauer im Parlament, das gesetzeswidrige Vorgehen zu rechtfertigen: "Wir haben einen Abgrund von Landesverrat im Lande." Womit aber weder der Bundeskanzler noch Strauß gerechnet haben, ist der wochenlange Protest der Bürger. Sie demonstrieren gegen staatliche Bevormundung und den Versuch, kritische Journalisten mundtot zu machen. Am Ende tritt Strauß zurück. Ahlers wird nach 55 Tagen Haft entlassen. Vom Vorwurf des Landesverrats werden er und andere "Spiegel"-Redakteure freigesprochen. Nichts, was in Ahlers' Artikel gestanden hat, ist nicht öffentlich zugänglich.
Sechs Jahre im Bundespresseamt
Geboren wird Conrad "Conny" Ahlers am 8. November 1922 als Sohn eines Exportkaumfmanns und einer Pastorentochter in Hamburg. Als Abiturient meldet er sich 1941 freiwillig zum Kriegsdienst in einer Fallschirmtruppe. Er kämpft in Russland und bei Monte Cassino. Nach dem Zweiten Weltkrieg studiert er Volkswirtschaft, ist Mitbegründer der Jungen Union und arbeitet unter anderem beim Deutschen Dienst der BBC, der "Welt" sowie der "Frankfurter Rundschau". Beim "Spiegel" bleibt er bis 1966. Dann kommt in Bonn die Große Koalition unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) an die Macht. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner schlägt seinen Freund Ahlers als stellvertretenden Regierungssprecher vor. Wehners Hintergedanke: Er hofft, seinen Genossen so eine andere Personalie schmackhaft zu machen. Vier Jahre nach der "Spiegel"-Affäre erhält nämlich Strauß den Posten des Finanzministers.
Als 1969 Willy Brandt (SPD) Kanzler wird, steigt Ahlers zum Leiter des Bundespresseamts auf. "Conrad Ahlers als Regierungssprecher war eine gute Informationsquelle", sagt der Journalist und spätere WDR-Intendant Friedrich Nowottny. "Er ging auch manchmal über das hinaus, was eigentlich für ihn erlaubt war." Ahlers ist zudem für seine flapsige Art bekannt. Als er zusammen mit Brandt in einem Sonderzug zum Treffen mit Willy Stoph, dem Vorsitzenden des DDR-Ministerrats, nach Erfurt fährt, antwortet er auf die Frage, wie die Stimmung im Kanzlerwagen sei: "Prima, wie beim Einmarsch in Polen."
SPD-Politiker und Intendant
1972 verlässt Ahlers das Bundespresseamt. Für die rheinland-pfälzische SPD zieht er in den Bundestag ein. Daneben betätigt er sich als Kolumnist für verschiedene Zeitungen, unter anderem für den "Stern". Als kommissarischer Chefredakteur rettet er das kriselnde SPD-Boulevardblatt "Hamburger Morgenpost" und ist Mitglied der Chefredaktion der "Wirtschaftswoche".
Im Dezember 1979 wird er zum Intendanten der "Deutschen Welle" gewählt. Aus rechtlichen Gründen gibt er deshalb sein Bundestagsmandat ab. "Diese Intendanz der 'Deutschen Welle' war für ihn herrlich. Das hat er vom ersten Tag an einfach genossen", sagt Ahlers-Tochter Sibylle. Doch es bleibt ihm nur ein Jahr. Am 18. Dezember 1980 stirbt Conrad Ahlers überraschend in Bonn an einem Herzinfarkt, ausgelöst durch einen schweren Anfall von Asthma, an dem er seit Jahren gelitten hat. Er wird 58 Jahre alt. Von den SPD-Größen, die Ahlers über viele Jahre als Regierungssprecher begleitet haben, kommt keiner zu seiner Beerdigung am Heiligen Abend 1980.
Stand: 18.12.2015
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