James Brown singt 1966: "It's a Man's Man's Man's World." Ein Lied, das fast schmerzhaft zur amerikanischen Fernsehserie Mad Men passt. Die Mad Men – das sind die Männer in den Werbeagenturen auf der Madison Avenue in New York. Und was sie tun, tun sie im Exzess: Kaum eine Szene, in der niemand raucht. Kaum ein Meeting ohne Whiskey. Kaum eine Folge ohne den Besuch bei der Geliebten in der Stadt, während die Ehefrauen in den Vorstädten Wermut trinkend auf ihre Männer warten. Nebenbei entwerfen die Mad Men Kampagnen für Lucky Strike, Lippenstifte oder Heinz Ketchup.
In der Welt der Werbung gibt es nur eine Ware: das Glück. "Advertising is based on one thing. Happiness", sagt Don Draper (gespielt von Jon Hamm) gleich in der ersten Folge. Er ist Kreativchef der Werbeagentur Sterling Cooper, Mittelpunkt der Männerrunde und ein Mann mit Geheimnis. Nach und nach wird klar, dass er während des Koreakrieges eine falsche Identität angenommen hat. Um reich, begehrt und erfolgreich zu werden, glaubt er, seine Herkunft verleugnen zu müssen.
Unverhohlener Sexismus bei gleichzeitiger Homophobie
Ab dem 19. Juli 2007 läuft die Serie in den USA auf AMC, einem kleinen Kabelsender. Sie erzählt vor allem von einem Jahrzehnt: den 60er-Jahren. "Ich dachte mir: coole Welt. Und: Ich tauche richtig in die sechziger Jahre ein", sagt Ulrike Klode, Journalistin und Serienbloggerin. In den USA wird diese Zeit deshalb bereits "Mad Men-Ära" genannt.
Matthew Weiner, Erfinder, Autor und Produzent der Serie, hat schon die Sopranos erdacht. Bei Mad Men hat er wie besessen auf historische Details geachtet, bei den Kostümen, Interieurs – und den längst vergangenen Verhaltensweisen der Menschen. Schwangere rauchen bedenkenlos. Männer machen sexistische und rassistische Witze und niemanden stört es. Familie Draper hinterlässt nach dem Sonntagspicknick einen Müllhaufen am Ufer.
"Mit anderen Worten: Der unverhohlene Sexismus bei gleichzeitiger Homophobie, ein nicht versteckter Rassismus und Antisemitismus, offener Alkoholismus, überbordender Zigaretten-, dann auch Haschischkonsum machen die Serie zu einer Dokumentation politisch inkorrekter Übertretungen – aus heutiger Sicht", schreibt Bernd Graff 2010 in der Süddeutschen Zeitung. Man schaut den Figuren beim Leben zu und wundert sich, wie fern einem diese Zeit vorkommt.
60er-Jahre sind kollektive Erinnerung
"Die sechziger Jahre sind ein Jahrzehnt, das für die heutigen Zuschauer eine kollektive Erinnerung ist", sagt die Serienbloggerin Ulrike Klode. "Wir kennen Menschen, die in dieser Zeit erwachsen waren, nämlich die Eltern oder Großeltern. Wir kennen politische Ereignisse – und die Umwälzungen aus dieser Zeit, die entscheidend waren für die Gesellschaft, in der wir heute leben", sagt Klode. Die Serienfiguren reden über die US-Präsidentenwahl von 1960, die Kubakrise und den Tod Marilyn Monroes. Einmal spricht Martin Luther King aus dem Autoradio: "I have a dream." Don Draper hört kurz hin und schaltet das Radio schnell ab.
Nach sieben Staffeln mit 92 Episoden, Preisen wie den Golden Globes oder den Emmys geht die Serie 2015 zu Ende. "Wofür Mad Men wichtig war: den Boom der Qualitätsserien in den USA", sagt Ulrike Klode.
Und was Werbung mit Liebe zu hat, erklärt Don Draper in einem der prägnantesten Sätze der Serie: "Typen wie ich haben die Liebe nur erfunden, um Nylonstrümpfe zu verkaufen." Das Tragische daran: Don Draper glaubt es wirklich.
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