Wie viele Europäer Ende des 19. Jahrhunderts will auch Johann Jacobs den elterlichen Hof in Borgfeld verlassen und sein Glück in Amerika versuchen. Doch ein Onkel schreibt ihm von der anderen Seite des Atlantiks: "Schlechte Zeiten. Warten bis es besser wird."
Also geht Johann Jacobs nach Bremen, um in einem Kolonialwarenladen als Lehrling zu arbeiten. Schon bald fällt sein feiner Geschmackssinn auf. Der 14-Jährige darf den Kaffee rösten und Proben abschmecken.
"Caffee, Thee, Cacao, Chocoladen und Buiscuits"
So lernt Jacobs, wie man guten Kaffee herstellt. Aber den würde er lieber für sich produzieren, statt für andere. Für eine eigene Firma reicht das Geld nicht, aber mit Mitte 20 kann Jacobs seinen ersten Laden eröffnen. Er wirbt damit "tadellose Waren zu angemessenen Preisen zu liefern". Im Angebot sind "Caffee, Thee, Cacao, Chocoladen und Buiscuits."
Im Jahr 1907 folgt die erste eigene Rösterei in einem Hinterhof. Erst fahren Lkw mit der Aufschrift "Jacobs Kaffee" durch Bremen, dann über die Stadtgrenze hinaus. Sogar Passagiere auf hoher See trinken Kaffee aus Bremen. Jacobs gewinnt die Reederei Norddeutscher Llyodt als Kunden.
Aus Bauern werden Kaufleute
Sein Neffe Walther bringt zudem in den USA gesammelte Marketing-Erfahrungen ins Unternehmen ein. Jacobs Kaffee wird zur Marke: Der Umsatz klettert auf mehrere Millionen Mark. Die ehemaligen Bauern avancieren zu angesehenen hanseatischen Kaufleuten.
Damit ist im September 1939 Schluss. Die Kriegswirtschaft schränkt die Produktion ein, bis sie zum Stillstand kommt. Die Rösterei fällt den Bomben zum Opfer. Nach Kriegsende wird bei Jacobs zunächst aus Zuckerrüben, Zichorien und Getreidekörnern eine Art "Kaffee" hergestellt. Erst 1948 kann Rohkaffee wieder frei eingekauft werden.
"Jacobs Kaffee ... wunderbar"
Mit dem Wirtschaftswunder boomt auch das Geschäft bei Jacobs. Die Tasse Filterkaffee gehört zum ersten erschwinglichen Luxus nach den mageren Kriegsjahren, vorbei die Zeit des sogenannten Muckefucks. "Jacobs Kaffee... wunderbar" tönt es in den 50er Jahren aus dem Radio. Dabei kämpft Jacobs über Jahre mit dem Rivalen Tchibo um die Marktführerschaft.
Als Firmengründer Johann Jacobs 1958 stirbt, ist aus dem ehemaligen Kolonialladen mit fünf Produkten ein Kaffeeimperium geworden. Heute ist das Unternehmen nicht mehr im Familienbesitz, aber Jacobs Kaffee steht in nahezu jedem Supermarkt – angepasst am modernen Kaffeehype als Kapsel, Pads, ganze Bohnen oder fein gemahlen.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 20. Mai 2019 ebenfalls an Johann Jacobs. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 21.05.2019: Vor 215 Jahren: Erstes Begräbnis auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris