Wer in einer Mietwohnung lebt, hat es wahrscheinlich selbst schon mal erlebt: Nebenan oder oben drüber wohnt eine Familie mit kleinen Kindern – und das bedeutet meist Krach, tagsüber und auch nachts. Nicht selten ziehen dann von lautem Gepolter, Türenschlagen und Geschrei genervte Nachbarn gegen die Lärmbelästigung vor Gericht.
Der Gesetzgeber regelt sehr genau, welcher Lärm zu welchen Zeiten nicht mehr ertragen werden muss. Dabei beziehen sich die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes in erster Linie auf öffentliche Einrichtungen wie Spielplätze und Kitas. Für Privatgrundstücke, also auch für Mietwohnungen, gelten vorrangig die Regelungen auf Länderebene.
Mehr Toleranz für Kinder
Als erstes Bundesland ändert Berlin mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen sein Immissionsschutzgesetz deutlich zugunsten von Kindern. Seit dem 17. Februar 2010 gilt dort: "Störende Geräusche, die von Kindern ausgehen, sind als Ausdruck selbstverständlicher kindlicher Entfaltung und zur Erhaltung kindgerechter Entwicklungsmöglichkeiten grundsätzlich sozial-adäquat und damit zumutbar."
Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahres dürfen also Krach machen, weil sie eben Kinder sind. Katrin Lompscher (Linke), Berlins Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, sieht die Gesetzesnovelle als "politisches Signal zu mehr Toleranz für Kinder".
Keine Blankovollmacht fürs Lärmen
Die Sprecherin des Berliner Senats Regina Kneiding erklärt allerdings einschränkend: Die Gesetzesergänzung sei in erster Linie ein "Ausdruck politischer Willensbekundung“, die für Rechtsfälle "keine großen Auswirkungen“ habe.
Das neu gefasste Gesetz dürfe auch nicht als Blankovollmacht fürs Lärmen missverstanden werden, ergänzt die Umweltsenatorin Lompscher. Berechtigte Interessen des Umfeldes müssten respektiert werden. Eltern sind demnach weiterhin verpflichtet, ihre Kleinen dazu zu erziehen, auf die Bedürfnisse anderer Menschen Rücksicht zu nehmen.
Druckmittel Mietminderung
Inzwischen haben auch andere Länder, darunter Nordrhein-Westfalen, die Privilegierung von Geräuschen, die von Kindern ausgehen, in ihr Immissionsschutzgesetz übernommen. Mieter, die sich massiv von Kinderlärm gestört fühlen, verklagen deshalb immer häufiger den Vermieter auf Mietminderung.
Laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann dieser Anspruch durchaus zu Recht bestehen. Kinderreichen Familien dürfte dieses Urteil die Wohnungssuchte nicht gerade erleichtern, so befürchten Mieterschutzverbände.
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