Den angeblich schönsten Tag im Leben kann bis zum Sommer 2001 nur feiern, wer sich in einen andersgeschlechtlichen Partner verliebt. Mann/Mann oder Frau/Frau verwehrt der deutsche Gesetzgeber das amtliche "Ja-Wort". Dabei kämpfen Grünen-Politiker wie Volker Beck schon lange für eine "Ehe für alle, die sich trauen und sich trauen wollen". Eine erste Gesetzesinitiative scheitert 1993.
Erst mit der Regierungsbeteiligung in der rot-grünen Koalition können die Grünen ihre Forderung im Bundestag durchsetzen - gegen die Stimmen von CDU, CSU und FDP. Am 16. Februar 2001 unterzeichnet Bundespräsident Johannes Rau das "Lebenspartnerschaftsgesetz".
Nun können die Hochzeitsplanungen beginnen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 2001 stürmen homosexuelle Paare die Rathäuser. "Wenn wir heiraten dürfen, müssen wir es auch tun", rufen sie den Journalisten zu. Und man wolle beweisen, dass mit ihrer Hochzeit nicht der von konservativen Kreisen befürchtete Untergang des Abendlandes einhergehe. Stattdessen soll der Gang zum Standesamt endlich aus Diskriminierung und Schattendasein rausführen.
Bis vor gut 30 Jahren stellte Paragraph 175 die Homosexualität in der Bundesrepublik noch unter Strafe. Und auch danach ist Homophobie in der Gesellschaft weit verbreitet - sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR.
CSU sieht Familie gefährdet
Mit dem neuen "Lebenspartnerschaftsgesetz" hoffen Homosexuelle auf mehr Gleichberechtigung in der Gesellschaft. Auch wenn die nun mögliche eingetragene Partnerschaft mit einer Heirat im Sinne der Zivilehe wenig gemeinsam hat. "Von vornherein ist klar, dass dies keine homosexuelle Ehe ist, weil viele für Eheleute wichtige Rechtsbereiche nicht erfasst sind", sagt die Wuppertaler Professorin Monika Wienfort. Die Gleichstellung im Steuer-, Güter- und Versorgungsrecht, wichtige Aspekte des Familienrechts wie die Adoption fehlen.
Dafür hat die CDU-Mehrheit im Bundesrat gesorgt. "Verfassungspolitisch höchst bedenklich, gesellschaftspolitisch verfehlt und familienpolitisch eine große Gefährdung", wettert etwa die bayerische CSU-Sozialministerin Barbara Stamm gegen die Homo-Ehe. Die Hamburger SPD-Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit kontert: "Man wertet doch nicht das eine ab, wenn man das andere nicht länger diskriminiert."
Gesetzgeber muss nachbessern
So sieht es in der Folge auch das Bundesverfassungsgericht, das 2002 eine Klage der unionsgeführten Länder Thüringen, Sachsen und Bayern gegen das Gesetz abweist. Die Verfassungsrichter betonen, dass "der Gesetzgeber für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorsehen kann, die denen der Ehe gleichen oder nahekommen".
Fortan häufen sich die Klagen für eine Gleichstellung homosexueller Paare. Das Verfassungsgericht zwingt den Gesetzgeber zu weiteren Reformen. Zuletzt bestimmen die Richter 2013, dass innerhalb der Homo-Ehe auch das Ehegattensplitting gelten muss.
Mittlerweile räumt der Schwulen- und Lesbenverband ein, dass die Rechte von Lebenspartnerschaft und Ehe weitgehend angeglichen wurden. Letztlich fehlt noch die endgültige Gleichstellung, die Öffnun der Ehe auch für homosexuelle Paare. Während sich in verschiedenen Umfragen die Mehrheit der deutschen Bevölkerung immer wieder für eine homosexuelle Zivilehe ausspricht, bleibt Kanzlerin Angela Merkel dabei: "Für mich persönlich ist Ehe das Zusammenleben von Mann und Frau."
Die Diskussion um die Homo-Ehe ist also noch lange nicht beendet. 15 Jahre nach Unterzeichnung des Lebenspartnerschaftsgesetzes leben rund 36.000 Paare in eingetragenen Partnerschaften in Deutschland. Tendenz steigend.
Stand: 16.02.2016