Eine Kletterpartie, die Filmgeschichte schreibt: In Alfred Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte" von 1959 kraxelt Hauptdarsteller Cary Grant mit seiner Begleiterin auf dem "Mount Rushmore National Memorial" herum - den riesigen steinernen US-Präsidentenköpfen. Das Denkmal im US-Bundesstaat South Dakota ist ein beliebtes Touristenziel. Was für den weißen Durchschnittsamerikaner ein Symbol für die Größe Amerikas ist, hat für einen anderen Teil der amerikanischen Bevölkerung eine ganz andere Bedeutung.
"Die großen weißen Köpfe sprechen zu uns: Zuerst gaben wir euch Indianern einen Vertrag, der euch die Black Hills zusicherte", schreibt der Lakota-Sioux John Fire Lame Deer. "Dann fanden wir Gold und nahmen euch auch dieses Stückchen. Denn wir waren stärker und wir waren mehr." Der Mount Rushmore ist Teil der Black Hills, die den Indianern als heilig gelten. Der Gebirgszug gehörte zu deren Siedlungsgebiet, bis der amerikanische Kontinent von europäischen Einwanderern kolonisiert wurde.
Berg umbenannt
"Man weiß ja, dass die Gründung der USA auf einem Genozid basiert", sagt die Amerikanistin Sina Nitzsche von der Universität Dortmund. Die Indianer seien systematisch zurückgedrängt und abgeschlachtet worden. "Das war bei 'Mount Rushmore' nicht anders." Der Berg, der in der Sprache der Lakota-Sioux "Sechs Väter" heißt, verliert seine Bezeichnung. Sein neuer Name ist der eines weißen Mannes: des New Yorker Anwalts Charles Rushmore, der in der Gegend Goldschürfrechte erkundet.
In den 1920er Jahren ist der Goldrausch längst vorbei, das ländliche Süd-Dakota gilt als unattraktiv. Um Touristen in die Gegend zu locken, schlägt der Historiker Doane Robinson vor, in den Granit des Mount Rushmore eine gewaltige Skulptur zu schlagen. Ihm schweben Helden des Wilden Westens wie Buffalo Bill vor. Aber der Bildhauer Gutzon Borglum, der den Auftrag erhält, will eine nationale Gedenkstätte schaffen.
18 Meter hohe Skulpturen
Ab 1927 sind fast 400 Arbeiter im Einsatz. Sie sprengen tausende Tonnen aus dem heiligen Berg der Indianer. Es entstehen 18 Meter hohe Porträts von vier US-Präsidenten. Dargestellt sind von links nach rechts George Washington, der erste Präsident, Thomas Jefferson, der Verfasser der Unabhängigkeitserklärung, Theodore Roosevelt, der die USA in die Moderne führte, und Abraham Lincoln, der die Sklaverei abschaffte.
Der Bau ist kostspielig. Borglum steckt immer wieder in Geldschwierigkeiten und wirbt deshalb mehrmals in Washington für sein Projekt. Als die USA in den Zweiten Weltkrieg eintreten, wird der staatliche Geldhahn endgültig zugedreht. Obwohl von den Präsidenten nur die Köpfe zu sehen sind - eigentlich sollten die Büsten bis zur Taille reichen -, wird das "Mount Rushmore National Memorial" am 31. Oktober 1941 kurzerhand für vollendet erklärt. Das Fazit von Lakota-Sioux John Fire Lame Deer: "Sie hätten ebenso aus dem Berg einen riesigen Kavalleriestiefel meißeln können, der auf einem toten Indianer steht. Des einen Denkmal ist des anderen Friedhof."
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
Stichtag am 01.11.2016: Vor 20 Jahren: Lockerung des Ladenschlussgesetzes tritt in Kraft
-
-
-
- 29. April 1868: Indianer-Vertrag von Fort Laramie geschlossen | mehr
-
- 27. Oktober 1858: US-Präsident Theodore Roosevelt geboren | mehr
- 14. Dezember 1799: Todestag George Washingtons | mehr
-