Nazi-Deutschland unter Druck: Nach der Kapitulation der Sechsten Armee in Stalingrad versucht Joseph Goebbels, das Blatt noch zu wenden. "Die Gefahr, vor der wir stehen, ist riesengroß", sagt der Propagandaminister bei seiner Rede am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast. "Wollt Ihr den totalen Krieg?"
Die letzten deutschen Reserven werden mobilisiert: Sogar Schüler rücken als Flakhelfer ein. Doch die Rote Armee drängt die Wehrmacht Stück um Stück nach Westen. Die im Juni 1944 eröffnete sowjetische Operation "Bagration" führt innerhalb weniger Tage zu großen Verlusten bei der deutschen Heeresgruppe Mitte.
Deutsche töten Millionen
Begonnen hat der deutsche Russland-Feldzug im Juni 1941. Beim "Unternehmen Barbarossa" haben die Deutschen ganze Landstriche systematisch verwüstet, Millionen Zivilisten verhungern lassen, Millionen Menschen als Zwangsarbeiter verschleppt, Millionen Juden und Kommunisten ermordet.
Bei ihren Rückzugskämpfen erreichen die deutschen Verbände Anfang August 1944 das Vorfeld Ostpreußens. "Die Rote Armee hat in den Wochen und Monaten zuvor ihr eigenes Gebiet befreit, hat gesehen, wie die Deutschen gewütet haben", sagt Peter Lieb, Historiker am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam.
Gegenschlag der Wehrmacht
Am 16. Oktober 1944 beginnt die sowjetische Offensive in Ostpreußen. Auf einem 40 Kilometer breiten Frontabschnitt stehen die deutschen Stellungen unter mehrstündigem Trommelfeuer. Die sowjetischen Truppen überschreiten in den folgenden Tagen an mehreren Stellen die deutsche Reichsgrenze.
Doch dann gelingt der Wehrmacht ein Gegenschlag. Mehrere deutsche Ortschaften werden zurückerobert. Dazu gehört auch Nemmersdorf, wo während der sowjetischen Besetzung mindestens 19 Menschen ermordet worden sind. Bis heute ist umstritten, was im Einzelnen passiert ist.
Zivilbevölkerung muss ausharren
Die Deutsche Wochenschau meldet im November 1944, die deutschen Soldaten seien "auf grausige Spuren bolschewistischen Mordterrors" gestoßen. Goebbels nutzt die von ihm geschürte Angst vor den russischen "Untermenschen" für seine Durchhalte-Rhetorik.
Die Zivilbevölkerung in Ostpreußen wird nicht evakuiert. Sie muss ausharren - nur die Parteiführer nicht. Gauleiter Erich Koch hat seine Familie nach Bayern geschickt. Für sich reserviert er einen Eisbrecher, mit dem er sich später in den Westen absetzt. Die unvorbereiteten Zivilisten fliehen erst mitten im Winter auf eigene Faust, als die sowjetischen Panzer anrollen.
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