"Codeonal - Kräftiges Schlafmittel mit der potenzierten Wirkung der Mischnarkose" heißt es in einem Anzeigentext aus dem frühen 20. Jahrhundert. "Das ist ein codeinhaltiges Mittel, so etwas untersteht heutzutage der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung", sagt Professor Dr. Bruno Müller-Oerlinghausen, Vorsitzender der Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft. "So was könnten Sie heute nicht mehr auf den Markt bringen." Damals dürfen alle Medikamente in der Presse inseriert werden - außer so genannte Geheimmittel. Damit besteht viel Freiraum für falsche Versprechen. Deshalb gründet sich 1911 beim Kongress für Innere Medizin die Vorläuferin der Arzneimittelkommission. Sie entwickelt Kriterien für zulässige Werbung: Derselbe Name soll stets für dieselbe Substanz verwendet werden. Die Angaben über Inhaltsstoffe und Wirkung soll vollständig und sachlich sein.Mehrere Gesetze und Verordnungen folgen, doch erst 1961 ordnet der Bundestag im ersten Arzneimittelgesetz das Arzneiwesen grundlegend neu. Wie unzureichend das allerdings geschieht, zeigt sich noch im selben Jahr, als nach der Geburt tausender behinderter Kinder der Contergan-Skandal ans Licht kommt. Es ist als harmloses, mildes Schlafmittel beworben worden. Dass es den Fötus im Mutterleib schädigen kann, hat angeblich niemand geahnt. Nach langer Diskussion verabschiedet der Bundestag am 20. Mai 1965 das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Seither darf in den Maßenmedien nicht mehr für verschreibungspflichtige Medikamente geworben werden - nur noch im Ärzteblatt fürs Fachpublikum. Für verschreibungsfreie Medikamente gilt das Verbot der irreführenden Werbung. Es ist verboten, mit Personen in ärztlicher Berufskleidung zu werben. Auch dürfen keine Gutachten erwähnt, Krankheitsgeschichten wiedergegeben oder erkrankte Körperteile abgebildet werden. Unter das Werbeverbot fallen etwa Mittel gegen Krebs, Trunksucht, Geisteskrankheiten oder organische Krankheiten.
"Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" - dieser Zusatz bei der Arzneimittelwerbung geht auf eine Reform des Heilmittelwerbegesetzes zurück. Doch im Grundsatz hat sich wenig am ursprünglichen Gesetzestext geändert. Seit nun 40 Jahren versucht das HWG den Ausgleich zweier Rechte: Das Recht der Hersteller, für ihre Produkte zu werben und das Recht des Verbrauchers, in seiner Not als kranker Mensch nicht zum Opfer cleverer Werbestrategen zu werden.Stand: 20.05.05