Beim Schreiben ist er ein Pedant. Strikt nach Stundenplan unterteilt sich Thomas Mann seinen Arbeitstag. Um acht Uhr steht er auf, trinkt einen Kaffee. Ab halb zehn sitzt er drei Stunden lang an seinem neusten Werk. Nichts und niemand darf ihn stören während dieser Zeit, kein Besucher und kein Telefonanruf, auch die sechs Kinder nicht, die ihm seine Frau Katia vom Leibe halten muss. Am Nachmittag folgen Korrespondenz und Tagebuch. Hier notiert Mann auf Tausenden von Seiten auch viel Banales, zum Beispiel was er gegessen und an Schlaftabletten eingenommen hat. Aber am Vormittag ist er ein Zauberer, der mit inhaltsvollen, poetischen Sätzen sprachliche Universen schafft."Der Zauberberg" (1924) ist so ein Universum, das von erdrückender Krankheit und erhabenen Ideen in der Davoser Bergwelt handelt. Als es entsteht, ist Mann bereits am Gipfel seines Ruhms. Bekannt wird er als 26-Jähriger mit seinem Romandebüt "Buddenbrooks" (1901): Der Geschichte vom Aufstieg und Fall einer Lübecker Kaufmannsfamilie, die viel Autobiographisches enthält. Mann wird 1875 als Sohn eines Senators und Getreidehändlers in Lübeck geboren. Zunächst volontiert er in einer Versicherungsfirma und beginnt ein Studium. Ab 1898 kann er sich in München als Redakteur der Satirezeitschrift "Simplicissimus" und - nach der Heirat mit der vermögenden Katia Pringsheim - als freier Schriftsteller etablieren. Bürger und Künstler will er sein, diszipliniert und kreativ zugleich: Gegensätze, die sein Werk ebenso bestimmen wie seine latente, immer unterdrückte Homosexualität.
Besonders deutlich wird dies in der Novelle "Der Tod in Venedig" (1913), in der der deutsche Dichter Gustav von Aschenbach krank vor Liebe zu einem Jüngling schließlich am Strand der untergehenden Lagunenstadt entschläft. Mann selbst stirbt am 12. August 1955 an einer Thrombose in einem Zürcher Hospital. "Lasse es im Unklaren, wie lange dies Dasein währen wird", lautet seine letzte Tagebuchnotiz. "Allmählich wird es sich lichten."
Stand: 12.08.05