Immer mehr Menschen haben immer weniger Zeit oder Geduld, sich ihre Mahlzeiten aus natürlichen Zutaten zu kochen. Deshalb füllen Dosen-, Tiefkühl- und Fertiggerichte einen großen Teil der Supermarkt-Regale. Welche Produkte da genau in den Einkaufswagen wandern, verrät ein Blick auf das Packungsetikett. Was besteht beispielsweise aus "Zucker, Kakaobutter, Vollmilchpulver, Kakaomasse, Milchzucker, Magermilchpulver, Emulgator Sojalecithin, Gerstenmalzextrakt, Butterreinfett, Aroma"? Richtig: ein normaler Schokoladen-Weihnachtsmann.Bis Mitte der 1960er Jahre werden Verbraucher völlig im Unklaren gelassen, welche Inhalte, Farbstoffe, Geschmacksverbesserer und Konservierungsmittel in Lebens- und Genussmitteln enthalten sind. SPD-Gesundheitsministerin Käthe Strobel legt 1967 erstmals den Entwurf einer Kennzeichnungsverordnung vor. Die Lobby der Nahrungsmittelindustrie verhindert jedoch, dass die Deutschen genau erfahren, was sich alles hinter den geschmackvollen Produktnamen verbirgt. Zehn Jahre später entwickelt die Europäische Gemeinschaft eine Kennzeichnungs-Richtlinie, die von der deutschen Regierung in nationales Recht umgesetzt und am 22. Dezember 1981 als "Lebensmittelkennzeichnungs-Verordnung" im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. Nach einer Übergangsfrist tritt sie Ende 1983 in Kraft.
Die Verpackung muss nun zwingend den Verkehrsnamen der Ware, den Hersteller und die Füllmenge benennen; außerdem alle Zutaten in der Reihenfolge ihres Mengenanteils am Gesamtprodukt. Mehr Sicherheit für Kunden bringt auch das Mindesthaltbarkeitsdatum, das jetzt jeder Packung aufgedruckt sein muss. Doch Verbraucherschützer monieren, dass auch die neue Verordnung vieles zu wünschen übrig lässt. Weitere Muss-Angaben werden deshalb im Laufe der Jahre hinzugefügt, worunter aber zunehmend die Verständlichkeit der Texte leidet. So können nur die Wenigsten richtig interpretieren, was etwa die Aufschrift "Fett i. Tr." (in der Trockenmasse) bedeutet. Auch die unterschiedlichen Bezeichnungen für Zucker wie Fructose, Glucose oder Saccharose verschleiern - vor allem für Diabetiker wichtig - welchen Brennwert das Nahrungsmittel hat. Mit dem Argument, zu komplexe Inhaltsangaben seien sowieso nur Lebensmittel-Chemikern verständlich, versuchen Hersteller inzwischen, ihre Etiketten wieder zu entrümpeln. Dabei sind nach Ansicht von Medizinern gerade dringend erforderliche Hinweise für Allergiker erst sehr lückenhaft geregelt.
Stand: 22.12.06