Der 18. Juni 1974 steht im Zeichen des Sports und der Gesundheit: Die deutsche Nationalelf tritt in der WM-Vorrunde gegen Australien an. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages debattieren über die Zukunft der Tabakwerbung. Bundestags-Vizepräsident Kai-Uwe von Hassel (CDU/CSU) blickt in den spärlich besetzten Bonner Plenarsaal: "Den hier ausharrenden Kolleginnen und Kollegen möchte ich den Spielstand bekannt geben. 1:0 für uns. Das Tor schoss Overath."Der von der sozialdemokratischen Bundesregierung eingebrachte Gesetzesentwurf zur Reform des Lebensmittelrechtes sorgt für Zündstoff. Paragraf 22 sieht ein Tabakwerbeverbot im Rundfunk vor. Dagegen wettert der CDU-Abgeordnete Hugo Hammans: "Werbung ist ein Informations- und kein Manipulationsinstrument!" Bundesgesundheitsministerin Katharina Focke (SPD) kontert, dass der Staat den Bürger nicht allein lassen dürfe, wenn es darum gehe, Gefahren von ihm abzuwenden, gegen die er sich selbst nicht schützen könne: "Rauchen ist immer gesundheitsschädlich."
Zwar hat sich die Zigarettenindustrie bereits 1966 freiwillige Selbstbeschränkungsmaßnahmen auferlegt. Danach soll Reklame mit Sportlern und anderen Leitfiguren unterbleiben. 1972 wird die selbstverordnete Beschränkung sogar auf die gesamte Fernsehwerbung ausgedehnt. Doch die schärfere gesetzliche Regelung lässt sich dadurch nicht aufhalten. Der Bundestag beschließt das Verbot der Zigarettenwerbung nicht nur für das Fernsehen, sondern auch für den Hörfunk. Das Verbot schließt ein, dass deutsche Zigarettenhersteller nicht in ausländischen Sendern werben dürfen, die in den deutschen Sendebereich ausstrahlen, wie zum Beispiel Radio Luxemburg. Für die Tabakbranche ist das Gesetz eine Niederlage. Die Fußball-Nationalmannschaft dagegen kann an diesem Tag einen Sieg feiern. Sie schlägt Australien im Hamburger Volksparkstadion mit 3:0 Toren.Stand: 18.06.04