Das Epizentrum des Bebens liegt im Meer, wahrscheinlich nur 20 Kilometer vor der Küste des Libanon. Das Beben erreicht eine Stärke von etwa 7,2 auf der Richterskala. Allein in der am stärksten betroffenen Stadt Beirut sterben 30.000 Menschen. Aber auch zahlreiche kleinere Städte der östlichen Mittelmeerküste werden zerstört, einige griechische Inseln vollständig überflutet.Durch die Berichte zeitgenössischer Schriftsteller lässt sich - wenn auch mit einigen Unsicherheiten - in die moderne Nachrichtensprache übersetzen, was am 9. Juli 551 geschah. Zunächst erleben die Menschen ein heftiges Erdbeben, das viele Gebäude einstürzen lässt. Es ist bis nach Konstantinopel, der Hauptstadt des Oströmischen Reiches, zu spüren. Mit dem Beben zieht sich plötzlich das Meer zurück. Der Kirchenhistoriker Michael Syrus berichtet, wie Bewohner der libanesischen Küste zum zwei Meilen breiter gewordenen Strand laufen, weil dort plötzlich die Trümmer untergegangener Schiffe zum Vorschein kommen. Die Leute wollen Schätze bergen. Aber dann kommt die Flutwelle und reißt alle in den Tod.
Nach dem Beben und dem Wasser zerstören zahlreiche Brände, was von Beirut noch übrig ist. So geht auch die große Bibliothek der Stadt verloren. Beirut beherbergte die zweitwichtigste Rechtsschule des Reiches und zog Wissenschaftler von weither an. Für den Wiederaufbau stellt Kaiser Justinian erhebliche Mittel zur Verfügung. Aber ihre frühere Bedeutung erlangen Stadt und Schule nicht wieder. Die Theologen grübeln darüber nach, warum Gott eine solche Katastrophe zulassen konnte. Sie sei eine Strafe, glauben sie, für die Sünden der Menschen. Die gleiche Antwort wird ein islamischer Gelehrter namens Scheich Al-Fauzan von der Imam-Universität in Saudi Arabien auch nach dem Tsunami von 2004 in Südost-Asien geben.
Stand: 09.07.06