Die Stimmung brodelt in der Kongresshalle eines Mailänder Vororts. Hasserfüllte Freiheitsparolen kochen die Stimmung unter den meist jugendlichen Zuhörern immer wieder hoch. "Räuberisches Rom! Unsere Gesellschaft lässt sich nicht verbessern, nur von Grund auf ändern. Liberta!" Am 10. Februar 1991, nach drei Tagen dröhnend-populistischer Propagandaarbeit, ist Senator Umberto Bossi am Ziel. Per Akklamation bestimmen die Delegierten von sechs norditalienischen Autonomiebewegungen den 49-jährigen Separatisten aus der Lombardei zum Anführer der soeben gegründeten Lega Nord.Ausschlaggebend für Bossis Erfolg ist die in den Nord-Regionen vorherrschende Unzufriedenheit mit dem Funktionieren des italienischen Gesamtstaates, mit der Ineffizenz der römischen Verwaltung und der Selbstzufriedenheit aller Parteien. Die Lega Nord im Rücken, nimmt der Berufsseparatist Bossi die Teilung Italiens in drei Republiken in Angriff. Der Kampf um autonome Verwaltung und die Freiheit, die eigenen Steuern zu verwalten, beschert der Lega Nord so enormen Zulauf, dass Umberto Bossi bald mehr will: die Zusammenführung des gesamten reichen Nordens in einem eigenen, freien Staat Padanien.
Drei Jahre nach Gründung der Lega Nord führt Bossi sein Sammelbecken der Unzufriedenen in eine Regierungskoalition mit dem Polit-Neuling Silvio Berlusconi und dessen Bewegung "Forza Italia". Neun Monate später ist das Berlusconi-Kabinett bereits am Ende. Umberto Bossi bringt seine Lega Nord wieder scharf auf anti-römischen Kurs und ruft die Republik Padanien mit Sitz in Mantua aus. Eine Posse, die Italiens politische Institutionen stillschweigend übergehen. 2001 traut sich der Lega-Boss erneut in ein Bündnis mit Berlusconi und wird dafür mit einem Ministersessel belohnt. Die einst so rebellische Lega Nord fristet ihr Dasein fortan als treue Dienerin von "Forza Italia". Bossi selbst zieht sich im März 2004 nach einem Hirnschlag aus der Regierungsverantwortung zurück.
Stand: 10.02.06