Bei dem Stichwort "Hitparade" denkt wohl jeder gleich an Dieter-Thomas Heck, den ehemaligen Autohändler und Schnellredner, der die berühmteste Schlagersendung des deutschen Fernsehens moderierte. Aber den Begriff Hitparade hat die Fachzeitschrift "Der Musikmarkt" erfunden: In ihrer Ausgabe vom 20. Dezember 1959 präsentiert sie unter diesem Titel erstmals die erfolgreichsten deutschen Schlager des Jahres. Auf Platz 1 steht Freddy Quinn mit "Die Gitarre und das Meer", gefolgt von den Nilsen-Brothers und Peter Kraus, der braven deutschen Ausgabe des Rock'n Roll.Die Hitparade beruht auf Händlerbefragungen und Musikbox-Kontrollen. Denn neben dem Schallplattenverkauf zählt vor allem, wie oft ein Titel in einer Kneipe oder Eisdiele ausgewählt wird. Die Hits auf den ersten Plätzen dudeln mitunter über 50 Mal pro Tag aus den Wurlitzer-Automaten. Da kann man 1959 kaum ein Bier trinken ohne Freddy.
Als Mitte der 60er Jahre die Beatles und Rolling Stones für die erste Absatz-Krise deutscher Musik sorgen, nutzt die heimische Plattenindustrie die Hitparade als Wettbewerbsinstrument. Denn Händlerbefragungen kann man beeinflussen: durch vorgegebene Fragebögen, aber auch durch Werbegeschenke und Bares, das der Vertreter mitbringt. So gerät die Verkaufs-Hitparade in Verruf.1977 übernimmt die Firma Media-Control die Erstellung der Hitlisten. Aber auch sie bleibt bei der Befragungsmethode. In den 90er Jahren gibt es dazu mehrere Prozesse wegen Wettbewerbsverzerrung. Die Hit-Ermittlung wird auf ein elektronisches System an den Kassen der Plattenläden umgestellt. Das nun objektivere Ergebnis heißt nicht mehr Hitparade, sondern "Charts". Die gibt es inzwischen für Singles und DVDs, Bücher und Videos. Der angestaubte Begriff Hitparade taucht dagegen in einem ganz neuen Medium wieder auf: bei den Tophits der Handy-Klingeltöne.
Stand: 20.12.04