Er wurde der "Fürst des Films" genannt. Tatsächlich entstammte Don Luchino Visconti di Modrone einem der ältesten und mächtigsten Adelsgeschlechter Italiens. Als bekennender Marxist und Revolutionär des italienischen Kinos schrieb der Edelmann Leinwandgeschichte.
Seine Filme, und später auch seine Operninszenierungen, realisierte Visconti stets in vollendeter Ästhetik. Dabei blieb er zeitlebens, aus wechselnden Perspektiven, dem Bewusstsein treu, die Aufgabe des Künstlers sei, sich in seinen Werken mit dem Volk zu verbinden.
Geboren wird Luchino Visconti am 2. November 1906 in Mailand als Sohn einer der reichsten Industriellenfamilien Norditaliens. Schon früh begeistert er sich für die Dichter seines Landes, liest die fundamentalen Werke der internationalen Literatur und lernt das Cellospiel. Musik hört er in der familieneigenen Loge der Mailänder Scala. Standesgemäß besucht der Achtzehnjährige eine Kavallerieschule und lebt nach dem Militärdienst als Rennstall-Besitzer auf den väterlichen Gütern.
Die entscheidende Zäsur in Viscontis Leben löst 1936 in Paris die Begegnung und Zusammenarbeit mit dem französischen Filmregisseur Jean Renoir aus. Sechs Jahre später revolutioniert er mit seinem ersten eigenen Film "Ossessione " den italienischen Film und wird dafür von den Kritikern als Begründer des Neorealismus geadelt. Die faschistische Zensur reagiert dagegen auf die ungeschminkte Darstellung der italienischen Wirklichkeit mit Beschlagnahme, Verbot und radikaler Kürzung des Films. Auch später bleibt kaum eines der epischen Visconti-Werke von brutaler Verstümmelung durch Produzenten und Filmverleiher verschont.
Bis zu "Rocco und seine Brüder" (1960) mit Alain Delon in der Titelrolle bleibt Visconti seinem realitätsnahen Stil treu. Mit seinen späteren opulenten Film-Gemälden feiert der Kino-Aristokrat den Untergang einer feudalistischen und großbürgerlichen Welt, der er selbst entstammt. Für die absichtsvoll überinszenierte Darstellung der Dekadenz in "Der Leopard" (1962) erhält Visconti in Cannes die Goldene Palme.
Das Vergehen im Bewusstsein unendlicher Schönheit stellt er mit schwelgerischer Weltuntergangsstimmung in seinen Spätwerken "Der Tod in Venedig" und "Ludwig II." (1971) dar. Seit Sommer 1972 halbseitig gelähmt, rechnet Visconti 1974 in seinem letzten vollendeten Film "Gewalt und Leidenschaft" mit dem Neofaschismus ab. Der Tod ereilt ihn am 17. März 1976 in Rom, mitten während der Dreharbeiten zu "Die Unschuldigen".
Stand: 02.11.06