Für die einen ist er ein Genie, für die anderen ist er ein Nazi-Kollaborateur: der Physiker Werner Heisenberg. Er wird am 5. Dezember 1901 in Würzburg geboren. 1910 zieht seine Familie nach München, wo sein Vater Professor für Byzantinistik wird. Heisenberg studiert Physik, Mathematik, Chemie und Astronomie. Mit 24 Jahren begründet er im Juni 1925 die Quantenmechanik, ein bahnbrechendes Konzept über die Vorgänge in der atomaren Welt. "Die von ihm entdeckte Quantenmechanik beschreibt, wie sich Atome und Moleküle, Flüssigkeiten und Festkörper, Atomkerne und Elementarteilchen verhalten", sagt später der Physiker und Nobelpreisträger Hans Bethe. Die Theorie sei Grundlage aller physikalischen Forschung und habe noch nie versagt.
1927 entwickelt Heisenberg die so genannte Unschärferelation. Sie besagt, dass Ort und Geschwindigkeit eines Elementarteilchens prinzipiell nicht gleichzeitig genau gemessen werden können: Wer eine der beiden Größen bestimmt, verändert mit der Messung automatisch die andere. Heisenberg wird mit 27 Jahren Professor und erhält 1933 im Alter von 31 Jahren den Physik-Nobelpreis, rückwirkend für das Jahr 1932.
An führender Stelle im "Uranverein"
Nach der Machtübernahme der Nazis ist in Deutschland eine wissenschaftliche Karriere nur noch für so genannte Arier möglich. Viele jüdische Wissenschaftler emigrieren. Die Atomphysik wird als "jüdisch beeinflusst" denunziert. Hauptsymbol der so genannten jüdischen Physik ist Albert Einstein. Heisenberg wird von der SS als "Weißer Jude" attackiert, da er sich nicht mit der neu gegründeten "Deutschen Physik" identifiziere. SS-Führer Heinrich Himmler, ein Bekannter der Familie Heisenberg, stoppt schließlich die Kampagne. Obwohl Heisenberg während eines USA-Aufenthalts großzügige Angebote bekommt, kehrt er kurz vor Kriegsausbruch nach Deutschland zurück. Der Wissenschaftler wird einberufen und arbeitet an führender Stelle im so genannten Uranverein, dem Atomprojekt des "Dritten Reiches".
Bis heute ist umstritten, wie sehr er sich in diesem Projekt engagierte. Heisenberg reist im September 1941 in das besetzte Dänemark zu Nils Bohr, dem Vater der Atomphysik, der jüdischer Abstammung ist. "Damals hatte die Arbeit am Uranprojekt prinzipiell gezeigt, dass die Atombombe und der Kernreaktor möglich waren", erzählt Heisenberg später. "Da es so aussah, als hätten wir Physiker einen starken Einfluss auf die zukünftige Entwicklung, beschloss ich, Bohr um Rat zu fragen." Heisenberg schlägt Bohr angeblich vor, zusammen über die Zukunft der Nutzung der Atomenergie zu entscheiden. Diese Zusammenarbeit kommt allerdings nicht zustande.
"Weltformel" entwickelt
Ob Heisenberg tatsächlich Hitler die Atombombe vorenthalten will, ist ungeklärt. 1942 erklärt Heisenberg Rüstungsminister Albert Speer: "Es erfordert einen so großen Aufwand, dass es die Kriegsanstrengungen der nächsten Jahre schwächen wird. Wahrscheinlich wären die Bomben nicht vor Kriegsende fertig. Deshalb ist es sinnlos, Atombomben zu bauen." Speer stoppt das Bombenprojekt. Das Reaktor-Programm läuft weiter. Nach Kriegsende wird Heisenberg zusammen mit anderen Atomforschern wie Otto Hahn und Carl Friedrich von Weizsäcker in Großbritannien interniert. Nach seiner Freilassung übernimmt Heisenberg 1946 die Leitung des Max-Planck-Instituts für Physik, das er bis 1970 leitet.
Er setzt sich für die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie ein und berät in dieser Frage die Bundesregierung. 1952 gründet er das europäische Zentrum für Elementarteilchenforschung (CERN) in Genf mit. Den militärischen Einsatz der Atomkraft lehnt er hingegen ab: Er gehört zu den 18 deutschen Physikern, die 1957 das Göttinger Manifest gegen die atomare Bewaffnung der Bundesrepublik unterzeichnen. Sein wissenschaftliches Ziel ist es, die Relativitätstheorie und das Quantenkonzept zu einer umfassenden Theorie zu verknüpfen. Die 1958 entwickelte "Weltformel" bringt aber nicht den erhofften Erfolg. Heisenberg stirbt am 1. Februar 1976 im Alter von 74 Jahren in München.
Stand: 05.12.2006