Als er 12 Jahre alt ist, muss Philippe de Rothschild die Stadt, in der er am 13. April 1902 geboren wurde, verlassen: Die deutschen Truppen haben ihre "Dicke Berta" genannte Kanone auf Paris gerichtet. Die Eltern schicken den Erben aus der bedeutenden jüdischen Bankiersfamilie auf ihr Landgut nahe Bordeaux. Das Château Mouton-Rothschild ist zu dieser Zeit recht heruntergekommen. Philippe aber ist vom Weinbau fasziniert. Als er das Gut 1924 erbt, modernisiert er es zielstrebig: Er baut moderne Keller und führt als erster die Flaschenabfüllung beim Erzeuger ein. Als einzigem Weinbauer der Region gelingt es ihm, in die 1855 gegründete Spitzenkategorie der Bordeaux-Winzer aufgenommen zu werden: Mouton-Rothschild wird ein "Premier Crus". Ab 1945 gestaltet jedes Jahr ein Künstler das Etikett der neuen Weine: Mal ist es Picasso, mal Dalí oder Warhol. 1989 bringt Georg Baselitz sein Mauerfall-Etikett auf die Rothschild-Flaschen, 2004 gestaltet es der englische Prinz Charles.
Rennfahrer, Theaterdirektor, Übersetzer
Philippe de Rothschild ist nicht nur ein erfolgreicher Winzer. Der promovierte Naturwissenschaftler leitet zeitweise ein avantgardistisches Theater in Paris. Er fährt Autorennen und landet in seinem Bugatti einmal auf dem vierten Platz beim Grand Prix de Monaco. Als die Deutschen im Zweiten Weltkrieg Frankreich besetzen, wird das Weingut der Rothschilds beschlagnahmt. Philippe flieht nach London. Seine Frau, die in Frankreich bleibt, wird 1945 im Konzentrationslager Ravensbrück ermordet.1953 heiratet Philipp eine amerikanische Reisejournalistin. Mit ihr zusammen übersetzt er Theaterstücke und Lyrik aus dem England der Shakespeare-Zeit. In seinen letzten Lebensjahren regiert er sein Unternehmen vom Bett aus, umgeben von zwei gewaltigen Doggen. Philippe de Rothschild stirbt am 20. Januar 1988 in seiner Geburtsstadt. Das Château führt bis heute Baronin Philippine de Rothschild, seine Tochter aus erster Ehe, weiter.
Stand: 13.04.07