Weltausstellung 1939 in New York. Der Konzern DuPont präsentiert mit Nylon eine neue Kunstfaser: sehr elastisch, reiß- und scheuerfest, leicht zu waschen. Die Erfindung wird zur Sensation für Frauen. Millionenfach verkauft sich der hauchdünne Stoff als Nylonstrumpf. In den USA kommt es zu tumultartigen Szenen, als kreischende Frauen am "N-Day " 1940, dem ersten Verkaufstag der Nylonstrümpfe, die Kaufhäuser stürmen. Etwa zeitgleich zu DuPont entwickelt der deutsche Chemiker Paul Schlack mit seinem Team für die IG Farben eine synthetische Faser mit ähnlichen Eigenschaften auf Polyamidbasis, die später Perlon heißt. Aber statt zarte Frauenbeine zu umschmeicheln, dient Perlon im Deutschen Reich zunächst als Wundermaterial für Fallschirme und Flugzeugreifen.
Schlack wird am 22. Dezember 1897 in Stuttgart geboren. Anfang der zwanziger Jahre geht er nach Kopenhagen, um über synthetische Eiweißverbindungen zu forschen. Anschließend arbeitet er am wissenschaftlichen Labor der Kunstseidenfabrik in Wolfen. 1938 gelingt ihm mit dem "Perulan" genannten Perlon der Durchbruch. Die extrem reißfeste und beständige Kunstfaser wird von Adolf Hitler zum "kriegswichtigen Material" erklärt. 1943 beginnt in Landsberg die Großproduktion für die Rüstungsindustrie. Ein "P-Day" findet im Nationalsozialismus nicht statt. Deutschlands Damenfesseln stecken weiterhin in Wollsocken.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erobern Strümpfe aus Perlon und Nylon - von den Amerikanern im Zuge des Marshall-Plans mit Flugzeugen nach Deutschland verfrachtet - die Bundesrepublik. Die DDR setzt als "Faden vollendeter Verlässlichkeit" auf ihre eigene Kunstfaserentwicklung, die sie Dederon nennt. Nachdem die erste Euphorie verflogen ist (und neue Materialien entwickelt sind), fristet Perlon ein Dasein als Grundstoff für Angelschnüre. Sein Erfinder Paul Schlack stirbt 1987 in Leinfelden-Echterdingen.
Stand: 22.12.07