"Als ich noch ein Niemand war, habe ich geträumt, dass ich einmal Staatschef werden würde, und zwar der wichtigste Staatschef der Welt. Und es wurde wahr," 1974 gibt Ugandas selbsternannter Präsident Idi Amin dem französischen Kinofilm "General Idi Amin Dada - Autoporträt" ausführlich Auskunft über seine Weltsicht: "Ich handle ausschließlich auf Anweisung Gottes. Es ist die Stimme Gottes, da spreche nicht nur ich." Tilo Held, Psychiater und Psychotherapeut, nimmt Ausschnitte aus diesem Film als Grundlage für ein Psychogramm, das er 1974 für eine Titelstory des "Spiegels" anfertigt. Held diagnostiziert bei Amin eine paranoische Psychose. Für den Berliner Professor hängt diese Krankheit bei Amin mit dessen Machtposition zusammen.
Die Karriere Idi Amins beginnt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Küchenboy in der britischen Kolonialarmee. Schnell dient er sich hoch, als erster Schwarzer wird er britischer Offizier. Für seinen Vorgesetzten ist er ein "ungewöhnlich begabter Führer". Andererseits fällt er durch seinen Sadismus auf: Gefangenen hackt er Genitalien ab und lässt sie sich gegenseitig die Köpfe mit Hämmern einschlagen. 1964 wird Amin Generalstabschef im noch jungen Staat Uganda, der zwei Jahre zuvor unabhängig wurde. 1971 putscht er sich an die Macht. Umgehend lässt Amin Intellektuelle, Offiziere und Richter umbringen. Ganze Dörfer werden ausgelöscht. Die Leichen werden den Krokodilen im Nil zum Fraß vorgeworfen und verstopfen immer wieder die Turbinen eines Wasserkraftwerks. Amin brüstet sich, nicht nur im übertragenen Sinn das Fleisch seiner Gegner gegessen zu haben. 1972 verjagt er mehrere zehntausend Asiaten aus Uganda, vorwiegend indische und jüdische Händler. Sie würden angeblich Ugandas Wirtschaft "melken". Die Folge: Die Wirtschaft des Landes bricht vollständig zusammen. Als das Land pleite ist, lässt Amin einfach neues Geld drucken.
Gleichzeitig gibt Amin den Clown. Er schreibt kuriose Telegramme an die Mächtigen dieser Welt. Großbritannien bietet er zum Beispiel Nahrungsmittellieferungen an: "Die Briten versinken im Chaos, aber ich helfe ihnen." Amin will selbst Geld gespendet haben, um den britischen Staatshaushalt zu retten. "Letztlich kann er nur die Ziele verfolgen, die sein eigenes Selbst möglichst groß und möglichst gut dastehen lassen", sagt Psychiater Held. "Außer Bedrohung und Unterdrückung und gelegentlichen leutseligen Witzen hatte er kein weitergehendes Verhaltensrepertoire." Amin lässt foltern, vergewaltigen, hinrichten und legt auch selbst Hand an. Etwa 300.000 Menschen sterben nach Schätzung von Amnesty International während der achtjährigen Regierungszeit des "Schlächters von Afrika". Nach und nach wendet sich der Westen von Amin ab - unter anderem wegen seines wachsenden Antisemitismus. Daraufhin springen Libyen und Saudi-Arabien als Förderer ihres muslimischen Glaubensbruders ein. Nach seinem Sturz 1979 flieht Amin nach Saudi-Arabien. Im Exil lebt er noch 24 Jahre, an seiner Seite die vierte Ehefrau und ein gutes Dutzend seiner vielleicht 30 Kinder. Wie alt Idi Amin ist, als er am 16. August 2003 in Dschidda stirbt, bleibt unklar. Sein Geburtsjahr wird zwischen 1924 und 1928 angesetzt. Für seine Taten ist er nie zur Rechenschaft gezogen worden.
Stand: 16.08.08