In Kapuze und Mantel steht die römische Kaiserin Messalina auf dem Forum und sieht "mit flackerndem, glühendem Blick" zu den nackten Huren Roms auf ihren hohen Stühlen empor. Dann wirft sie ihr Gewand ab und preist sich selbst den Freiern an. "Messalina hat die Brüste mit Kettchen vergoldet, der Schmuck glänzt im Fackelschein auf der nackten Haut", beschreibt Heinrich Stadelmanns Roman "Messalina" 1904 die antike Männerphantasie. "Sie schäkert und singt: Männer! Männer! Wer kommt zu mir?"
Die Anekdote um die nymphomanische Kaiserin, die mit Roms berühmtester Hure eine Wette um die meisten Männer pro Nacht eingeht (und mit mehr als 25 Liebhabern auch gewinnt), findet sich erstmals im Werk des römischen Satirikers Juvenal. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist sie erfunden. Aber sie prägt das Bild der männermordenden, unersättlichen Herrscherin, die als "meretrix augusta", als "erlauchte Hure" in die Geschichtsschreibung eingeht, maßgeblich mit. Geschichten wie diese verhelfen Messalina, die im ersten Jahrhundert nach Christus als Enkelin des Augustus geboren und mit nur 14 Jahren durch ihre Heirat des wesentlich älteren Claudius zur Kaiserin wird, zum wohl schlechtesten Ruf der Weltgeschichte. Dabei ist die prunksüchtige, intrigante und orgienversessene Messalina vielleicht kaum prunksüchtiger, intriganter und orgienversessener als der dekadente römische Adel ihrer Zeit.
Die eigentliche Quelle für den schlechten Leumund ist wohl Messalinas Todfeindin Agrippina, die ihr nach ihrem Tod ins Bett des Claudius und auf den Thron nachfolgt. Da sie ihren eigenen Sohn Nero zum Nachfolger des Kaisers machen will, ist ihr Messalinas Sohn Britannicus im Weg. Ihn will sie durch die üble Nachrede ebenso wie seine Mutter schwächen. Laut Überlieferung unterschreibt Messalina ihr Todesurteil, als sie sich in den Konsul Gaius Silius verliebt. Claudius' Berater können dem Kaiser daraufhin einreden, seine Frau plane seine Ermordung. Am 23. Februar 48 wird Messalina als Verschwörerin durch das Schwert gerichtet.
Stand: 23.02.08