In den 1960er Jahren gehen in den Städten der Vereinigten Staaten Schwarze auf die Straße und fordern ihre Bürgerrechte ein. "Ich bin bei vielen Demonstrationen mitgegangen", erzählt Hans-Eckehard Bahr, Theologie-Professor und Friedensforscher in Bochum. "Man ging durch ein Spalier von Hass, die Schlagstöcke der weißen Polizisten immer vor Augen." Bahr ist damals - als weißer Deutscher - Mitarbeiter von Baptistenprediger Martin Luther King in Chicago: "Ich traf auf einen Mann, der begeistert war von einer politischen Vision, dass alle Menschen einer Weltgemeinschaft gleichberechtigt sein sollen, nicht nur Schwarze und Weiße, sondern auch alle anderen Kulturen."
Seinen wohl bekanntesten Auftritt hat Bürgerrechtler Martin Luther King am 28. August 1963. Mehr als 200.000 Menschen aus allen Teilen der Staaten sind in die amerikanische Hauptstadt gekommen - zu einem "Marsch auf Washington". Hand in Hand ziehen sie durch die Straßen. Vor allem Schwarze, aber auch viele Weiße. Sie schwenken Plakate und singen. Es folgt die größte Kundgebung, die die USA bisher erlebt haben. Als letzter Redner betritt King das Podium vor dem Denkmal Abraham Lincolns, dem US-Präsidenten, der sich im 19. Jahrhundert für die Sklavenbefreiung einsetzte. King spricht vor einer enthusiastischen Menschenmenge: "Ich habe einen Traum, dass sich diese Nation einer Tages erheben wird und nach der wahren Bedeutung ihrer Gründungsidee leben wird: Dass es selbstverständlich ist, dass alle Menschen gleich erschaffen sind." Er habe den Traum, dass "alle Menschen an einem Tisch der Brüderlichkeit" zusammensitzen, das sei eine alte Vision der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 und auch der Bibel.
King führt seinen Kampf ohne Waffen: "Unser Protest darf nicht zu körperlicher Gewalt verkommen." Die Strategie scheint aufzugehen: Mit dem Bürgerrechtsgesetz wird 1964 die Diskriminierung von Schwarzen in Schulen, Büros und Restaurants formell beendet. Ein neues Wahlrecht sorgt dafür, dass immer mehr Schwarze wählen gehen - und selbst auch ab und zu gewählt werden. King erhält im gleichen Jahr den Friedensnobelpreis. Doch in den Köpfen vieler Menschen lebt der Rassismus weiter. Die Proteste der Schwarzen eskalieren später in gewaltsamen Aufständen. Dabei hat King seine Rede 1963 mit einer friedlichen Vision beendet: dass sich Schwarze und Weiße, Juden und Nichtjuden, Protestanten und Katholiken die Hände reichen, um gemeinsam zu singen. Fünf Jahre später ist Martin Luther King tot, erschossen am 4. April 1968 in Memphis im Alter von 39 Jahren. Auf seinem Grabstein stehen die letzten Worte seiner Washingtoner Ansprache: "Endlich frei!"
Stand: 28.08.08