Rom, in der Vollmondnacht vom 18. auf den 19. Juli 64: Im Arme-Leute-Viertel neben dem Circus Maximus bricht ein Feuer aus. Die Holzbaracken der griechischen und asiatischen Händler stehen schnell in Flammen. Die Feuerwehr der Millionenstadt hat keine Chance. Vierzig Jahre nach dem Ereignis berichtet der Historiker Tacitus: "Der Brand rückte mit Ungestüm weiter fort, stieg zuerst in die Ebene hinab, dann auf die Höhen hinauf und verhehrte wieder die Niederungen. So machte er alle Rettungsversuche zunichte, weil er zu schnell fortschritt und die Stadt mit ihren engen, winkeligen Gassen und unregelmäßigen Häuserreihen der Gefahr besonders ausgesetzt war." - Es brennt tagelang. Über 4.000 Häuser werden zerstört, auch Tempel und Paläste. Nur vier der vierzehn Stadtbezirke bleiben verschont.
Weil Katastrophen einen Schuldigen brauchen, lenkt Kaiser Nero den Volkszorn auf die Christen, eine winzige Sekte in der Stadt. Ihre Verweigerung des Tempelkults, ihre Endzeitpredigt wirken verdächtig. Mehrere hundert von ihnen werden wegen Brandstiftung angeklagt und grausam hingerichtet. Tacitus schreibt: "In Tierhäuten steckend, wurden sie entweder von Hunden zerfleischt oder ans Kreuz geschlagen oder angezündet, um beim Anbruch der Dunkelheit als Fackeln zu dienen. Nero hatte seine eigenen Parkanlagen für dieses Schauspiel hergegeben und verband es mit einer Zirkusaufführung."
Die Schuld der Christen ist für moderne Historiker genauso unwahrscheinlich wie das von Tacitus erwähnte Gerücht, Nero selbst habe die Stadt anzünden lassen, um ein neues, prachtvolleres Rom errichten zu können. Dennoch hält sich dieses Gerücht über den grausamen Herrscher - bis zu Peter Ustinovs berühmter Darstellung des verrückten Kaisers, der das Flammenmeer seiner Hauptstadt, auf der Lyra klimpernd, besingt: "Oh loderndes Feuer, brennendes Rom!"
Stand: 18.07.04