Stichtag

23. März 2009 - Vor 15 Jahren: Schauspielerin Giulietta Masina stirbt

Gelsomina hat eine komische Schnute. Zumindest findet das der große Zampano. "Weißt du genau, dass du eine Frau bist?", fragt der Schausteller das kleine, zierliche und etwas einfältige Mädchen mit den traurigen Augen, das er seinen Eltern für 10.000 Lire abgekauft hat. "Du siehst nämlich aus wie ein Rettich." Gespielt wird Gelsomina von Giulietta Masina  in "La Strada - Das Lied der Straße". Er gilt als ihr schönster, poetischster Film. Für ihn wird 1956 sogar ein Oscar für den besten ausländischen Film eingeführt. Da ist die Schauspielerin schon zwölf Jahre mit Regisseur Federico Fellini verheiratet - eine große Liebe, die aber problematisch ist.

Geboren wird Masina 1921 in San Giorgio di Piano. Zunächst studiert sie in Rom Kunstgeschichte, Philosophie und Literaturwissenschaft - ein Fach, in dem sie auch promoviert. 1943 lernt sie Fellini kennen: Es ist Liebe auf den ersten Blick. Schon wenige Monate später heiratet das Paar, weil Masina schwanger ist. Doch die 24-Jährige erkrankt an Kindbettfieber, das Kind wird nur wenige Wochen alt. Nach einer zweiten Fehlgeburt erfährt Masina, dass sie nie wieder Kinder bekommen kann. Fortan stürzt sich das Paar in Arbeit. "Meine Filme sind meine Kinder", wird Fellini später sagen. Masina sieht das ähnlich. In Fellinis "Die Nächte der Cabiria" (1957) oder "Julia und die Geister" (1965) ist sie der Star."Sie war so lieb, so unschuldig, so gutherzig, so vertrauensvoll", schreibt Fellini in seiner Autobiografie. "Sie blickte in jeder Hinsicht zu mir auf, nicht nur in körperlicher Hinsicht." Trotzdem wird Masina die treue Beraterin ihres Mannes, auf die er hört. Aber sie ist auch Freundin, Mutter-Ersatz und Vertraute, die nicht zuletzt Rollen für seine Filme entwickelt. Fellini dankt es ihr, indem er sie mit seinen vollbusigen Darstellerinnen betrügt.

Ab 1965 sieht man Masina nur noch selten vor der Kamera. Sie engagiert sich als UNICEF-Botschafterin und schreibt populäre Zeitungskolumnen. Erst nach 20 Jahren dreht sie mit "Ginger und Fred" an der Seite von Marcello Mastroianni als Teil eines Tanzpaars, das für eine Fernsehshow zusammenkommt, wieder einen Fellini-Film, der zugleich ihr letzter ist. Ihren Mann, der kurz vor der goldenen Hochzeit einen tödlichen Schlaganfall erleidet, überlebt Masina nur um fünf Monate. Sie stirbt am 23. März 1994 in Rom. "Für mich ist es eine ganz wunderbare Geschichte gewesen", charakterisierte sie einmal ihre Ehe. "Dass sie nie endet, das wünsche ich mir."

Stand: 23.03.09