Mit 17 lässt sich Anna die braven Zöpfe abschneiden, trägt fortan einen Bubikopf und nennt sich Aenne – nach ihrem Lieblingslied "Ännchen von Tharau". Ihre Mutter, eine brave Hausfrau, ist für sie kein Vorbild. Aenne Burda will "etwas Besseres" sein. Selbstbewusst, eigenwillig, schön, kann sie die Menschen für sich einnehmen. Ihr Lebensmotto: "Die Frauen sollen sich nicht nach den Männern richten. Sie sollen sie selbst sein, sie sollen schön sein, elegant sein und gescheit." 30 Jahre später gründet sie mit dieser Einstellung die Zeitschrift "Burda-Moden" und prägt den Modegeschmack einer ganzen Generation. In der Wirtschaftswunderzeit nähen viele Frauen ihren Familien die gesamte Garderobe – nach Schnittmustern von Aenne Burda.
Aenne Burda kommt am 28. Juli 1909 als Anna Magdalene Lemminger im badischen Offenburg zur Welt, als Tochter eines Lokomotivführers und einer Hausfrau. Während ihrer Lehre zur kaufmännischen Angestellten im Elektrizitätswerk muss sie Rückstände eintreiben – auch beim Offenburger Druck- und Verlagshaus Burda. Sie trifft auf Juniorchef Dr. Franz Burda, ihm fühlt sie sich seelenverwandt: Franz will hoch hinaus – wie sie. Sie heiratet mit 21 Jahren, ist nun Ehefrau, Hausfrau und bald Mutter von drei Söhnen – Franz, Frieder und Hubert. Sie stellt Personal ein, denn selber kochen, putzen, mit den Kindern spielen reicht ihr nicht. Ihr Mann lehnt den Wunsch, im Verlag mitzuarbeiten, mehrfach ab. Am Ende hilft ihr ein unglücklicher Zufall: Aenne Burda entdeckt, dass ihr Mann neben ihr schon lange eine Freundin mit Kind hat. Sie verzichtet auf Scheidung und Skandal und fordert als Gegenleistung den kleinen, verschuldeten Modeverlag "Elfie Moden".
1950 erscheint die erste Ausgabe von "Burda-Moden": tragbare Mode zum Häkeln, Stricken und Selber-Nähen. Die Schnittmuster gelten als schick, aber alltagtauglich – und sind einfach zu nähen. "Ich kann ja nicht das Heft voller eleganter Mode machen, wenn ich weiß, dass die, die das Heft kaufen, Mode für jeden Tag brauchen", sagt sie später in einem Interview. Burda spürt Trends in anderen Ländern auf und holt sich Ideen bei Stardesignern. 1965 erreicht "Burda-Moden" die Millionenauflage, weitere Magazine in In- und Ausland folgen. Zeitweise verdient sie mit ihrem Verlag mehr als ihr Mann mit seinen Zeitschriften ("Bunte").
Burda entwickelt sich in den 50er Jahren zu einer der wenigen weiblichen Unternehmerpersönlichkeiten der Bundesrepublik. Sie bewegt sich sicher auf gesellschaftlichem Parkett, liebt rasante Sportwagen, elegante Auftritte und lässt sich 1973 von Pop-Art-Künstler Andy Warhol porträtieren. In ihrem Verlag herrscht sie ohne Widerrede: "Mein Führungsstil war klar und hart, Befehl und Schluss."
1994 übernimmt der jüngste Sohn Hubert Burda die Verlage beider Eltern und führt sie zusammen. Die 85-Jährige bleibt aber alleinige Herausgeberin und Kolumnistin von "Burda-Moden". Heute hängen Kleider, Röcke, Hosen für ein paar Euro im Laden, das Interesse an selbstgeschneiderter Mode nimmt ab. 2004 beträgt die Auflage der monatlich erscheinenden "Burda-Moden" nur noch 180.000 Exemplare. 2005 stirbt Aenne Burda mit 96 Jahren im Kreis ihrer Familie.
Stand: 28.07.09