"Vielleicht ist die FAZ als nationale Zeitung mit dem Ruf, den sie hat, einflussreicher als andere", sagt Journalist Günter Nonnenmacher. "Aber: Man soll's auch nicht überschätzen." Der 60-Jährige gehört zum erlauchten Kreis der fünf Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ), die als deutsches Meinungsblatt schlechthin gilt.
"Das, was in der FAZ steht, ist sozusagen öffentliche Meinung der Elite", sagt der Dortmunder Medienwissenschaftler Horst Pöttker. Im publizistischen Konzept der FAZ stecke etwas Elitäres: "Konservative Werte, keine Experimente." Die Zeitung hat sich hohes Ansehen bei Freund und Feind erworben. Selbst wer ihre konservative Linie nicht mag, schätzt den klaren Sprachstil, die ausführlichen Hintergrundberichte und die vielen exklusiven Beiträge von prominenten Fremdautoren.
Nonnenmacher beschreibt die inhaltliche Ausrichtung so: "Es muss richtig sein; es muss stimmen; es muss intelligent sein." Diesen Anforderungen sei die FAZ immer gerecht geworden. "Das ist so eine Art von Geist, der von Generation zu Generation weitergegeben wird hier im Haus."
Die Tradition der FAZ beginnt 1949 an einem tristen Spätherbsttag, wie sich Börsen-Redakteur Heinz Brestel erinnert: "Ein paar Sonnenstrahlen mischten sich mit nasser Kälte." In Frankfurt am Main bewegt sich ein Umzug durch die Innenstadt, voran ein geschmücktes Pferdegespann. "Dahinter ein paar Maulesel und eine leibhaftiges Kamel." Die Tiere habe der Frankfurter Zoo zur Verfügung gestellt, so Brestel. "Rechts und links vom Zug verteilten Mädchen in blauen Röcken - der späteren FAZ-Hausfarbe - die erste Ausgabe der neuen Zeitung mit dem Datum vom 1. November 1949."
Nachdem die Alliierten die Lizenzpflicht für Zeitungen aufgehoben haben, ist das Blatt in alleiniger deutscher Verantwortung gegründet worden. Zur Redaktion gehören einige Journalisten, die zuvor bei der liberal-demokratischen "Frankfurter Zeitung" waren, bis diese 1943 von den Nazis verboten wurde. Die FAZ, die sich als "Zeitung für Deutschland" versteht, will jedoch kein regionales Nachfolgeblatt sein: Sie setzt auf Sachlichkeit, Fairness, Hintergrund und "auch eine beträchtliche Volkstümlichkeit, ein Ansprechen breiter Schichten" - wie es im Leitartikel der Erstausgabe heißt.
Heute führen fünf gleichberechtigte Herausgeber ein Team von 325 Redakteuren und ein Netz von Auslandskorrespondenten. Die Macher der FAZ sind so etwas wie graue Eminenzen, einem breiten Publikum bleiben sie meist unbekannt. Eine Ausnahme bildet der frühere Feuilleton-Chef Marcel Reich-Ranicki. Zu den Prinzipien der Zeitung gehört es, dass auf der ersten Seite keine Werbeanzeigen erscheinen - so wie es lange auf für Fotos galt. Nur bei epochalen Ereignissen wurde die Regel gebrochen: bei Stalins Tod, dem 11. September 2001 oder der Papstwahl Benedikts.
Seit 2007 ist alles anders: Altmodische Schrifttypen und Bleiwüsten wurden von einem modernen Layout abgelöst. Auch druckt die FAZ seither auf der Titelseite ein farbiges Foto. Durch die Verjüngung wurde die Talfahrt der Auflage gestoppt. Sie liegt nun bei rund 370.000 Exemplaren pro Tag (Montag bis Samstag), etwa 50.000 weniger als beim Hauptkonkurrenten "Süddeutsche Zeitung" (SZ). Das Internet-Angebot der Zeitung bietet längere Fotostrecken und Videos an. Auch bei der Rechtschreibereform hat sich die FAZ dem Zeitgeist gebeugt: Ihren Widerstand gegen die neuen Regeln hat die Redaktion mitterweile aufgegeben.
Stand: 01.11.09