Um das Jahr 1915 ist der amerikanische Meeresbiologe Clarence Birdseye auf Expeditionsfahrt durch Labrador hoch im Norden Amerikas. Hier beobachtet er, wie die Eskimos die Kälte ihrer Umgebung nutzen, um ihren Fisch zu konservieren: Sie hängen ihre Fänge einfach in den eisigen Wind. Tiefgekühlt hält sich die Nahrung über Monate. Und sie behält nach dem Auftauen auch noch ihren eigenen Geschmack: ein wesentlicher Vorteil gegenüber den Konservierungsmethoden aus der Alten Welt wie Pökeln, Einkochen oder Einmachen.
Birdseye beginnt zu experimentieren, zunächst an Gemüse. Und er sucht nach einer Apparatur, die Fisch, Fleisch und Gemüse in Windeseile herunter kühlen kann. Will man der Legende glauben, dann hat er hierzu nur sieben Dollar, etwas Eis, Salz und einen Ventilator mit Elektroantrieb zur Verfügung. Am Ende steht seine Erfindung des Plattenfrosters, bei dem fertig verpackte Lebensmittel mit Hilfe kühlmitteldurchflossener Metallplatten schonend schockgefroren werden.
Am 6. März 1930 können Bewohner der amerikanischen Kleinstadt Springfield im US-Bundesstaat Massachusetts erstmals verpackte Lebensmittel in gefrorenem Zustand kaufen. Neben den Tiefkühltruhen steht speziell geschultes Fachpersonal, das die Verbraucher über die Neuerung aufklären soll. Zwar tragen die Produkte noch den Aufdruck "Birds Eye Frosted Foods", aber die Firma, die sie herstellt, gehört dem Erfinder schon nicht mehr: Für 22 Millionen Dollar hat er sie verkauft.
In Deutschland wird Tiefkühlkost erst 1955 während der Allgemeinen Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung (ANUGA) vorgestellt. Aber niemand interessiert sich für das Produkt. Bereits ein Jahr später werden in rheinländischen Lebensmittelgeschäften als Feldversuch im "Köln-Bonner-Truhentest" 400 Tiefkühltruhen aufgestellt, die mutigen Kunden die Erfindung schmackhaft machen sollen. Da liegt der Pro-Kopf-Verbrauch an Tiefkühlkost in den USA schon bei rund 16 Kilogramm im Jahr.
In Deutschland dauert es etwas länger, bis sich die Verbraucher fürs Tiefgekühlte erwärmen. 1960 zieht der Bundesbürger noch durchschnittlich 400 Gramm Lebensmittel aus der Truhe. 2009 sind es schon rund 40 Kilo.
Stand: 06.03.10