Stichtag

27. Oktober 2004 - Vor 200 Jahren: Karl Freiherr vom Stein wird Minister

Die Lage in Preußen ist nicht gerade rosig, als König Friedrich III. den Nichtpreußen Karl Freiherr zum Stein zum Minister macht: Die Amtsstuben sind verstaubt, die Wirtschaft ist schwerfällig, das absolutistische Land steht unter Druck durch das revolutionäre Frankreich. Der temperamentvolle, aber auch schroffe Reichsritter Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein wird am 27. Oktober 1804 Minister für Handel, Wirtschaft und Finanzen – aber nicht für lange. Dem König missfällt das "respektwidrige und unanständige Verhalten" seines Spitzenbeamten, der altgediente Beamte des Königs als aufgeblasen und geschwätzig kritisiert, sie als Lüstlinge und Ignoranten beschimpft und ständig Reformvorschläge präsentiert. Anfang 1807 entlässt Friedrich III. den aufmüpfigen Erneuerer, holt ihn aber im Herbst des Jahres zurück – jetzt als "leitenden Staatsminister".

In dieser Funktion bestimmt er für gut ein Jahr die preußische Politik, und er nutzt die kurze Zeit für grundlegende Reformen. Mit seinem Namen sind die Modernisierung der Verwaltung, die Bauernbefreiung, die Einführung der Wehrpflicht und die städtische Selbstverwaltung verbunden. Nicht alles hat er alleine geschafft, nicht alles vollenden können. Mit Hardenberg, Scharnhorst und Humboldt gehört er in die Riege der Reformer, die aus Untertanen Bürger machen und Preußen fit für die Herausforderungen der Zeit.

1808 verliert Freiherr vom Stein erneut seinen Posten, diesmal auf Druck Napoleons. Er revanchiert sich, indem er als Berater des Zaren Russlands Widerstandswillen gegen Frankreich stärkt. Doch seine politische Karriere neigt sich dem Ende zu. Bis auf einen unbedeutenden Posten in der westfälischen Provinz bekleidet er kein öffentliches Amt mehr. 1831 stirbt er im Alter von 73 Jahren auf Schloss Cappenberg bei Lünen. Als Gegner Napoleons wird Freiherr vom Stein nach seinem Tod bald zur Kultfigur und als preußischer und deutscher Patriot verehrt. Weil er sich für die bürgerlichen Freiheiten einsetzte und in seinem Alter ein knochentrockener Konservativer war, entwickelt sich der Freiherr zu einer nationalen Identifikationsfigur, auf den sich alle politischen Richtungen berufen.

Stand: 27.10.04