Stichtag

30. Mai 2010 - Vor 375 Jahren: Dreißigjähriger Krieg - Der Friede von Prag

Schon zum Zeitpunkt seines Beginns 1618 ist der Dreißigjährige Krieg nur vordergründig ein Kampf der Konfessionen. Österreichische und spanische Habsburger, böhmische und deutsche Protestanten, kaisertreue wie ständische Herren, katholische wie lutherische Reichsfürsten – die Fronten ziehen sich durch alle Lager. Lutheraner und Calvinisten befehden sich hasserfüllter als den gemeinsamen papistischen Gegner. Ein Wechsel der Konfession – und sogar wieder zurück – schadet keineswegs der Reputation der Kriegführenden. Entscheidend ist nur, welcher Seite Macht und Einfluss, Gebietsgewinne und Pfründe im morschen Heiligen Römischen Reich winken. Ausländische Mächte wie Frankreich, Spanien, die Niederlande, Dänemark und Schweden nutzen die verworrene Lage, um ihre interkontinentalen Konflikte in Deutschland auszutragen, um Reichsgebiete zu erobern und um die Macht des Habsburger Kaiserhauses zu untergraben.

Die Protestanten verlieren ihre Schutzmacht

Nach 16 Jahren des Mordens, Plünderns und Vergewaltigens, die keiner Kriegspartei einen entscheidenden Vorteil bringen, erreicht das europäische Gemetzel einen Wendepunkt. Im Herbst 1634 erringt das Heer Kaiser Ferdinands II. bei Nördlingen erstmals einen bedeutenden Sieg über seine stärksten Widersacher, die protestantischen Schweden. Kriegsmüde, weil der wichtigsten Schutzmacht beraubt, zeigen sich nun einige protestantische Reichsfürsten zu Friedensverhandlungen mit den katholischen Habsburgern bereit. Noch im November 1634 schließt der mächtigste Protestant im Reich, Kurfürst Johann Georg von Sachsen, einen Vorfrieden mit Ferdinand II. Ihr vorrangiges Ziel ist, Frankreich und Schweden völlig aus dem Heiligen Römischen Reich zu vertreiben, um dann zu einer nationalen Friedenslösung zu finden. Diesem Vertrag schließen sich in der Folge immer mehr protestantische Souveräne an. Am 30. Mai 1635 wird er in Prag feierlich unterzeichnet.

Der Krieg nach dem Frieden

Der "Prager Friede", abgeschlossen, "damit die werthe Teutsche Nation zu voriger Integrität, Tranquilität, Libertät und Sicherung zurückgeführt wird", sieht eine Reform der Reichsverfassung zugunsten des Kaisers vor. Ferdinand soll eine schlagkräftige Armee gestellt werden, um den ausländischen Mächten entgegentreten zu können. Der Konflikt der Konfessionen soll durch ein sogenanntes "Normaljahr" beendet werden. Das heißt, alle Glaubenszugehörigkeiten und kirchlichen Besitzverhältnisse werden auf den Stand von 1627 zurückgeführt. Doch die durch den Vertrag von Prag geschürten Friedenshoffnungen entpuppen sich als allzu verfrüht. Zum einen wird kaum eine der festgelegten Bestimmungen wirklich durchgeführt, zum anderen erweist sich eine Beendigung des Kriegs ohne Beteiligung der europäischen Mächte, vor allem Frankreichs, als unmöglich. Noch ein weiteres Jahrzehnt tobt im Reich ein fürchterlicher, multinationaler Abnutzungskrieg, der unser Geschichtsbild vom dreißigjährigen Schlachten und Verwüsten endgültig prägt.

Er endet erst 1648, mit dem Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück, nachdem auch die letzten kaiserlichen Söldner vernichtet sind und etwa 25 Prozent der deutschen Bevölkerung ihr Leben gelassen hat.

Stand: 30.05.10