Stichtag

02. November 2010 - Vor 10 Jahren: Erste Langzeit-Besatzung erreicht die ISS

140 Tage, 23 Stunden und 38 Minuten dauert der erste Langzeit-Aufenthalt von Astronauten auf der internationalen Raumstation ISS. Er beginnt am 2. November 2000, als die beiden Russen Juri Gidsenko und Sergej Krikaljow sowie der US-Amerikaner William Sheperd die Station erreichen. Vorausgegangen sind zweijährige Vorarbeiten: Seit 1998 sind erste Module und Solarsegel von Raketen und Space Shuttles ins All gebracht und von Kurzzeit-Besatzungen montiert worden. Zusätzlich sind Lebensmittel, Kleidung, Wasser und Alltagsgegenstände angeliefert worden. Nach ihrer Ankunft aktiviert die erste Langzeit-Besatzung zunächst die lebenswichtigen Systeme: Batterien, Computer, Kohlendioxid-Wandler, den Nahrungsaufbereiter und die Bordtoilette. "Wir sind gut unterwegs auf unserer Erforschungs- und Entdeckungsreise", übermittelt die Crew in ihrer Weihnachtsbotschaft an die Bodenstation auf der Erde. "Wir öffnen ein Tor zum Weltraum für alle Menschen."

Muskelabbau in der Schwerelosigkeit

Für die Wartung der ISS wird zehn Mal so viel Zeit benötig wie ursprünglich veranschlagt. Für wissenschaftliche Experimente bleiben nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters statt geplanter 27 Wochenstunden nur 2,5 übrig. Angesichts von 100 Milliarden Euro, die die ISS bereits gekostet hat, ist von der teuersten Wohngemeinschaft aller Zeiten die Rede. Auch das Fitnessprogramm der Astronauten ist zeitaufwändig: Zwei Stunden pro Tag müssen sie Sport machen - fixiert auf Laufbändern, an Fahrrad-Ergometern oder Maschinen zur Stärkung der Rückenmuskulatur. Denn durch die Abwesenheit der Schwerkraft schwindet die Muskel- und Knochenmasse. Auch wenn die Astronauten mit höchstem Einsatz trainieren, schaffen sie es nicht ganz, den Abbau zu stoppen. Deshalb ist der Einsatz von Zentrifugen auf der Station geplant. Durch ihre Rotation sollen die entstehenden Fliehkräfte sowohl Muskeln als auch Herz-Kreislauf aktivieren.

Erkenntnisse für Mars-Mission

"Wenn man dort oben in die Schwerelosigkeit kommt, ändert sich der ganze Flüssigkeitshaushalt vom Körper", sagt der deutsche Astronaut Thomas Reiter, der sich 2006 für ein halbes Jahr in der ISS aufgehalten hat. "Das hat natürlich einen Einfluss auf unser Herz-Kreislauf-System." Diese Erfahrungen im All können auch bei der Lösung medizinischer Probleme auf der Erde genutzt werden - oder zur Vorbereitung für Reisen zu anderen Planeten wie den Mars. Auch die ISS hat von ihren Vorgängern - dem amerikanischen Skylab und der russischen MIR - profitiert.
Für weitere Missionen im All sind außerdem psychologische Erkenntnisse über die bisher 24 ISS-Langzeit-Aufenthalte hilfreich. Immer wieder sind nämlich ähnliche Phasen zu beobachten: Anfängliche Euphorie, dann Ernüchterung und Rückzug auf das eigene Ich.

Stand: 02.11.10