Stichtag

08. Juni 2010 - Vor 200 Jahren: Geburtstag des Komponisten Robert Schumann

Auf dem Alten Friedhof von Bonn stehen 1956 Hunderte Bürger und Honoratioren unter rauschenden Bäumen in Ehrfurcht um ein Grab versammelt. Wem zum 100. Todestag das feierliche Gedenken gilt, verkündet die Inschrift zu Füßen der aus weißem Marmor gehauenen Büste: "Robert Schumann, geboren am 8. Juni 1810, gestorben 29. Juli 1856". Allein sein frühes tragisches Ende in der psychiatrischen Anstalt von Bonn-Endenich ist es, was Schumann, geboren in Zwickau und zuletzt in Düsseldorf wohnend, mit dieser Stadt verbindet. Und so ist es Bonns Bürgermeister Busen, der den Komponisten preist, wie ihn die Menschen dem herrschenden Zeitgeist der 50er Jahre entsprechend sehen: als genialen und doch einfachen Vertoner inniger Besinnlichkeit, als den weltentrückt-leidenden Melancholiker, als die große Musik-Ikone der deutschen Romantik.

Eheglück und Schaffensrausch

Schumann, der manische Egozentriker und eloquente Publizist, der radikale Kritiker und schwierige Neutöner, ist hundert Jahre nach seinem Tod längst hinter den stets versonnen blickenden Abbildern seiner bekannten Porträts verschwunden. Der jüngste Sohn des Verlegers August Schumann träumt eigentlich von einer Karriere als Klavier-Virtuose, was eine im Alter von 22 Jahren erlittene Fingerverletzung verhindert. Im Haus seines Lehrers Friedrich Wieck verliebt sich Robert 1830 in dessen neun Jahre jüngere Tochter Clara, damals bereits als Wunderkind am Piano europaweit berühmt. Gegen den heftigsten Widerstand von Vater Wieck erkämpft das kongeniale Paar 1840 vor Gericht die ersehnte Heirat. Zur selben Zeit wird Robert Schumann, der sich als Musik-Theoretiker, Publizist und Komponist einen Namen gemacht hat, von der Universität Jena mit der Ehrendoktorwürde bedacht. Beflügelt durch Clara, gerät er in einen wahren Schaffensrausch, schreibt seine "Frühlingssymphonie" und lässt in aberwitzigem Tempo 138 seiner gelungensten Lieder folgen. Doch die Zeit glücklicher Unbeschwertheit ist kurz.

Selbstmordversuch im Rhein

Während Clara Triumphe feiert, ergreifen die selbstquälerischen Züge in Roberts Charakter immer mehr von ihm Besitz. 1850 versucht der seit 20 Jahren an Syphilis Leidende erstmals mit einer Festanstellung einen Neuanfang. In Düsseldorf wird er als Musikdirektor freundlich empfangen, er schreibt seine berühmte "Rheinische Symphonie", doch die Krise übermannt ihn bald. Tief depressiv und zunehmend unter Halluzinationen leidend, überwirft sich Schumann mit seinen Arbeitgebern und Musikern. Nach einem vereitelten Selbstmordversuch am Rosenmontag 1854 – Schumann stürzt sich in Schlafanzug und Pantoffeln von der Oberkasseler Brücke in den Rhein – wird der geisteskranke Komponist in die neu gegründete, für ihre Zeit höchst fortschrittliche Heil- und Pflegeanstalt in Endenich bei Bonn eingeliefert. In einem qualvollen Wechsel von Phasen völlig klaren Bewusstseins und tiefster psychotischer Verzweiflung dämmert Robert Schumann unaufhaltsam dem Tod entgegen. Seine Frau Clara sieht er in diesen letzten Monaten nur ein einziges Mal, am 27. Juli 1856. Als Robert Schumann zwei Tage später an Unterernährung stirbt, ist er völlig allein.

Stand: 08.06.10