25.000 Tiroler erinnern im September 2009 an den Freiheitskampf ihres Volkes vor 200 Jahren: Die Mitglieder von Tiroler und Südtiroler Schützenkompanien, Trachtenvereinen und Musikkapellen ziehen durch Innsbruck. Sie huldigen vor allem einem, der für sie ein Volksheld war: Andreas Hofer, Anführer des Aufstandes von 1809, der am 20. Februar 1810 im italienischen Mantua auf direkten Befehl von Kaiser Napoleon füsiliert wurde. Hofer, Wirt des Sandhofes im Passeiertal im heutigen Südtirol und Hauptmann der örtlichen Schützenkompanie, hatte zuvor seine Landsleute zu den Waffen gerufen. Er wollte, je nach Sichtweise der Historiker, seine Heimat von der Fremdherrschaft befreien - beziehungsweise verhindern, dass Reformen und Aufklärung in den rückständigen Bergtälern Einzug hielten.
Die Vorgeschichte spielt in Mähren, und größere Mächte sind die eigentlichen Protagonisten: Der französische Revolutionskaiser Napoleon Bonaparte hatte in der Drei-Kaiser-Schlacht bei Austerlitz die Armeen des russischen Zaren und des österreichischen Kaisers besiegt. In der Folge müssen die Habsburger Tirol an Bayern abtreten, das vertraglich an Frankreich gebunden ist. Im fernen München regiert als Chefminister Maximilian von Montgelas: ein Aufklärer. Er reformiert Währung und Verwaltung in Tirol. Er tauscht die Priester aus, verbietet Wallfahrten, Prozessionen, Rosenkranzgebete und abergläubische Bräuche wie das Wetterläuten und den Wetterbann gegen Hexen - und führt die Pockenschutzimpfung ein. Doch bei vielen Einheimischen stößt die Politik, in Tirol einen von der Kirche unabhängigen zivilen Staat zu schaffen, auf Unverständnis. Als Bayern schließlich Tiroler Jünglinge zum Wehrdienst einzieht, rebellieren die frommen und konservativen Bergbauern – mit Rückendeckung des österreichischen Kaisers. Denn seit dem "Landlibell", einer Wehrverfassung aus dem Jahr 1511, waren die Tiroler lediglich zur Verteidigung ihrer Region verpflichtet und sonst vom Militärdienst befreit.
In drei legendären Schlachten an der Flanke des Bergisels bei Innsbruck gewinnen die Tiroler zwischen April und August 1809 gegen die Armeen von Bayern und Frankreich – mit Wut und Kampfgeist im Bauch. Für zehn Wochen zieht Hofer in die Innsbrucker Hofburg ein, dann wird Tirol von Bayern und Napoleon zurückerobert, und Österreich gibt die Bergregion endgültig ab. Hofer, der aufmüpfige Gebirgsräuberhauptmann, wird in einem Schnellprozess zum Tode verurteilt. Er wird nur 42 Jahre alt.
Historiker zollen Hofers Treue und Vaterlandsliebe zwar immer noch Respekt, beschreiben ihn heute allerdings weniger als Freiheitskämpfer, sondern als einen katholischen Fundamentalisten, einen Kreuzzügler gegen Fortschritt, Moderne und Aufklärung. So verbot er den Damen während seiner zehnwöchigen Herrschaft unbedeckte Arme und Dekolletés, ließ bayernfreundliche Universitätsprofessoren verhaften - und schaffte die Pockenimpfung ab.
Stand: 20.02.10