Stichtag

25. Juni 2010 - Vor 30 Jahren: Gesetz über Gleichbehandlung am Arbeitsplatz

Eigentlich ist die Sache klar: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt", steht im Grundgesetz von 1949. Trotzdem klaffen Verfassung und Alltagswirklichkeit nach dem Zweiten Weltkrieg weit auseinander. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist noch jahrelang der sogenannte Gehorsamsparagraph von 1896 enthalten: "Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu." Eine Frau, die erwerbstätig sein möchte, benötigt damals das Einverständnis ihres Gatten. Erst 1957 wird die Bestimmung gestrichen - und vom Bundestag das Gleichberechtigungsgesetz beschlossen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Männer ein Arbeitsverhältnis ihrer Frau nicht mehr einfach fristlos kündigen. Nach 1977 dürfen Frauen dann allein entscheiden, ob und wie sie erwerbstätig sein wollen.

Schleppende Umsetzung einer EG-Richtlinie

Im Arbeitsleben selbst herrscht damit aber noch lange keine Gleichberechtigung. Deshalb hat der Rat der Europäischen Gemeinschaft (EG) schon 1976 Richtlinien zur "Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen" am Arbeitsplatz verabschiedet. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, alle Vorschriften aufzuheben, die diesem Grundsatz widersprechen. In der Bundesrepublik geht die Umsetzung jedoch nur schleppend voran. 1979 wird die sozial-liberale Koalition in Bonn von der Brüsseler Kommission gemahnt. Um sich die Peinlichkeit zu ersparen, vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Untätigkeit verklagt zu werden, bringt die Bundesregierung das "arbeitsrechtliche EG-Anpassungsgesetz" auf den Weg.

Nur Bewerbungskosten werden ersetzt

Der Bundestag beschließt das Gesetz am 25. Juni 1980. Nach der Zustimmung des Bundesrates wird es am 13. August 1980 verkündet und tritt am Tag darauf in Kraft. Das BGB enthält nun den neu hinzugefügten Paragraphen 611a. Er lautet: "Der Arbeitgeber darf einem Arbeitnehmer (...) bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder Kündigung nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen." Diese Regelung wird aber bald als "Porto-Paragraph" verspottet. Denn die Strafe für einen Arbeitgeber, der eine Frau bei der Stellenvergabe benachteiligt, ist lächerlich: Nur die angefallenen Bewerbungskosten können laut einer Gerichtsentscheidung als Schaden geltend gemacht werden.Seitdem ist jedoch einiges passiert. 1994 folgt das zweite Gleichberechtigungsgesetz, das die bloße Aufforderung in konkrete Verbote verwandelt. Seit 2006 gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das jegliche Benachteiligung einer bestimmten Gruppe verhindern soll. Danach darf niemand aufgrund der Hautfarbe oder der Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität diskriminiert werden.

Stand: 25.06.10