Stichtag

24. September 2010 - Vor 40 Jahren: Radio Nordsee beendet deutsches Programm

1970 machen die Piraten der MeBo2 die Nordsee unsicher. Aber keine Totenkopfflagge ziert das Schiff, sondern ein 50 Meter hoher Sendemast. Mit seiner Hilfe senden die Musikpiraten von Radio Nordsee International (RNI) ihr Programm.Da die MeBo2 in internationalen Gewässern kreuzt und die Gesetzgebung nicht eindeutig ist, ist das Schiff samt Mannschaft vor dem Zugriff polizeilicher Staatsgewalten relativ sicher. Auch Störsender bringen wenig: Radio Nordsee International wechselt ständig die Frequenzen.

Hits, Hits, Hits

Dabei sind die Musikpiraten sehr darauf erpicht, ihr Publikum möglichst lange bei Laune - und damit auf Sendung - zu halten. Hierzu setzt Radio Nordsee International verstärkt auf die Top Ten der Hitparade; nur jedes dritte Lied darf ein Oldie sein. Beatles, Stones und Led Zeppelin stehen auf dem Programm – Gruppen, die im Repertoire der öffentlich-rechtlichen Sender damals fast nicht vorkommen. Überhaupt besteht ein Großteil der Sendung aus Musik. Nur jede zehnte Sendeminute wird mit Informationen, Nachrichten oder Werbung gefüllt. Später werden sich vor allem zahlreiche Privatsender von dem Konzept inspirieren lassen.Die Mixtur überzeugt vor allem junge Hörer. Zehntausende begeisterter Fans schreiben an RNI. Die Briefe kommen aus ganz Europa, denn die Piraten senden auf Kurzwelle bis nach Warschau und Zürich. Nur in Deutschland bleibt der Erfolg aus: Zu ungünstig liegen die Sendezeiten des deutschsprachigen Programms am Abend. Zwischen 20 und 23 Uhr sitzt das potenzielle Publikum viel lieber vor dem Fernsehgerät als vor dem Radioapparat. Die Folge: Werbekunden bleiben aus.

Von Libyen versenkt

Am 24. September 1970 beendet Radio Nordsee nach nur wenigen Wochen sein deutschsprachiges Programm. Die Musikpiraten senden noch eine Weile auf niederländisch und englisch weiter; als auch Holland 1974 ein Anti-Seesender-Gesetz erlässt, geben sie auf. Der Sendebetrieb wird gänzlich eingestellt.Die Eigentümer verkaufen die MeBo2 schließlich an Muammar al-Gaddafi nach Libyen. Der Revolutionsführer lässt das einstige Popschiff vor Tripolis ankern und eine Zeit lang arabisch-sprachige Sendungen ausstrahlen. Als es verrostet, dient es als Zielscheibe der libyschen Marine, die es im Mittelmeer versenkt.

Stand: 24.09.10