Stichtag

13. Juli 2010 - Vor 25 Jahren: "Live Aid"-Konzert für die Hungernden in Afrika

Im Oktober 1984 sieht der irische Musiker Bob Gedolf eines Abends im BBC-Fernsehen eine Sendung über die Hungersnot in Äthiopien. Er ist Sänger der Rockgruppe "Boomtown Rats", die fünf Jahre zuvor den Hit "I'dont like mondays" hatte. "Alle 20 Minuten stirbt jemand - ein Kind, ein Erwachsener", heißt es im Bericht von Afrika-Korrespondent Michael Burke. Die Tragödie ist Teil einer langen Reihe von Katastrophen. Bereits in den 1970er Jahren führten Dürreperioden zu Ernteausfällen, die 1974 zum Sturz des autoritären Regimes von Kaiser Haile Selassie beitrugen. In den 1980er Jahren werden die Äthiopier wieder Opfer von Klima und Politik: Drei Jahre hat es nicht geregnet, und das Land steht im Bürgerkrieg um die Provinz Eritrea. Zudem ist der Osten Afrikas im damals herrschenden Kalten Krieg ein strategischer Spielball der USA und der Sowjetunion. Die Regierung des 80-Millionen-Einwohner-Landes Äthiopien gibt zu wenig Geld für Landwirtschaft und Straßenbau aus. Große Gebiete sind von jeder Hilfe abgeschnitten. Eine Million Menschen sind schon gestorben, als der BBC-Bericht die Welt aufrüttelt.

Schallplatten spielen Millionen-Spenden ein

Entsetzt nimmt Geldof am Tag nach der Sendung Kontakt zu britischen Musikern auf. Die meisten von ihnen - darunter der frühere Beatle Paul McCartney sowie David Bowie, sagen ihre Teilnahme an einer gemeinsamen Schallplatten-Produktion zu. Das Projekt "Band Aid" nimmt mit dem Song "Do they know it's Chrismas" Millionen ein. Der Erfolg bringt Musiker in rund 30 anderen Ländern dazu, ebenfalls Platten aufzunehmen. In den USA bringen 43 Sänger um Bob Dylan, Michael Jackson, Lionel Richie, Bruce Springsteen und Tina Turner den Hit "We are the world" heraus. In Deutschland spielt die "Band für Afrika" - unter anderem mit Nena, Udo Lindenberg und Bap - den Song "Nackt im Wind". Geldof gründet für die gespendeten Einnahmen eine Stiftung, den "Band Aid Trust", deren Aufgabe es ist, Hilfsmittel auf dem kürzesten Weg zu den Notleidenden zu bringen. In bestehende Hilfsorganisationen hat er kein Vertrauen.

"Größter Gig der Galaxis"

Weitere Spendengelder nimmt Geldof durch "den größten Gig der Galaxis" ein. Am 13. Juli 1985 findet das 16 Stunden lange Doppel-Benefiz-Konzert "Live Aid" mit mehr als 100 Stars statt: Die beiden Schauplätze des internationalen Spektakels sind das Londoner Wembley-Stadion und das John-F.-Kennedy-Stadion im amerikanischen Philadelphia. Phil Collins tritt sogar auf beiden Bühnen auf: Eine "Concorde" bringt ihn während des Konzertes über den Atlantik. Sieben Satelliten sind im Einsatz, um mehr als eine Milliarde Zuschauer in über 100 Ländern mit Fernsehbildern zu versorgen. In den Umbaupausen werden Videos eingespielt. In Köln steht dafür die "Band für Afrika" bereit. Sie erklärt, "diese Spendenaktion" sei "nur der erste Teil einer Rückzahlung an die durch Kolonialherrschaft ausgeplünderten Länder". Kritiker erheben dennoch den Vorwurf, die Hungernden in Afrika würden als Alibi für ein gigantisches Musikvergnügen mißbraucht.60 Millionen Euro bringen allein das "Live-Aid"-Konzert und die Fernsehübertragungen ein. Zuerst wird von dem gesammelten Geld Getreide im Sudan gekauft und nach Äthiopien transportiert, dann werden Straßen und Getreidelager gebaut. Die Hilfe soll langfristig wirken. Später berichtet die BBC, von dem Geld seien während des Bürgerkrieges auch Waffen gekauft worden. Geldof weist das von sich. Er hat sich immer wieder für Afrika eingesetzt. Anlässlich des G8-Gipfels 2005 in Schottland veranstaltet er in sieben Weltstädten "Live 8"-Konzerte. Diesmal geht es nicht mehr um Spenden - alle Konzerte sind kostenlos - sondern um politischen Druck: für eine Entschuldung Afrikas, fairen Welthandel und mehr Entwicklungshilfe.

Stand: 13.07.10