Es ist ein herrlicher kalifornischer Sommertag, doch die ganze Filmcrew versteckt sich unter einer Plane. Die Straßenszene, die Musical-Regisseur Stanley Donen vorbereitet, spielt nachts, bei strömenden Regen. Am Nachmittag beginnen die Anwohner rund um das Set, ihre Gärten zu bewässern. Schlecht für den Film-Regen, denn der Druck in den Leitungen fällt rapide. "Und als wir unser Wasser aufdrehten, kamen nur ein paar Tropfen heraus", erinnert sich Donen an die Dreharbeiten zu "Singin’ in the Rain". Als das Wasser dann fließt, gelingt Donens Star Gene Kelly trotz Fieber seine unvergessliche Tanz- und Gesangszene.
Raus aus den Studiokulissen
Die unbeschwerte Perfektion, mit der das jungenhafte Tanzgenie klatschnass im Duett mit seinem Schirm lustvoll durch knöcheltiefe Pfützen stampft, hat bis heute nichts an Frische und Eleganz eingebüßt. "Singin’ in the Rain", 1952 gedreht, markiert sowohl für das Filmmusical als auch die Karriere von Gene Kelly einen glanzvollen, nicht wieder erreichten Höhepunkt. "Wenn er nichts anderes getanzt hätte als jene berühmte Szene, wäre er vermutlich auch schon in den Himmel gekommen", schreibt der Filmexperte Michael Althen, als Gene Kelly am 2. Februar 1996 im Alter von 83 Jahren einem Schlaganfall erliegt.
David O. Selznick entdeckt den 1912 geborenen Tänzer und Schauspieler am New Yorker Broadway, wo Kelly mit dem Musical "Pal Joey" seinen Durchbruch erlebt. 1942 verschafft der "Vom Winde verweht"-Produzent dem athletischen Multitalent einen Vertrag bei Hollywoods größtem Studio MGM. Dort krempelt der burschikose Kelly gemeinsam mit den Regisseuren Vincente Minnelli und Stanley Donen das etwas angestaubte Filmmusical gründlich um. Statt in Studiokulissen opulente Revuenummern abzudrehen, geht er hinaus auf Straßen und Plätze, verbindet seine lebensfrohen Tanzszenen harmonisch mit der Handlung und tritt sogar mit Trickfilm-Maus "Jerry" auf.
Wechsel ins ernste Rollenfach
Mit seinem kraftvollen Stil etabliert sich Kelly erfolgreich neben Hollywoods Top-Tänzer, dem grazil-feingliedrigen Fred Astaire. "Fred repräsentiert als Tänzer die Aristokratie, ich das Proletariat", beschreibt Kelly selbst den Unterschied. Anders als der zwölf Jahre ältere Astaire behält er als Choreograf und Regisseur seiner Tanzszenen stets die totale künstlerische Kontrolle. Nach ersten großen Kassenerfolgen mit "Cover Girl" und "Die drei Musketiere" dreht Gene Kelly 1951 unter der Regie von Vincente Minnelli den mit acht Oscars prämierten Klassiker "Ein Amerikaner in Paris".
Ende der 50er Jahre gräbt das Fernsehen Hollywoods Glamour das Wasser ab, die Ära der Technicolor-Musicals ist vorbei . Gene Kellys Star-Ruhm verblasst, doch als Regisseur und Choreograf bleibt er gefragt. Schauspielerisch wechselt er mit "Wer den Wind sät" (1960) neben Spencer Tracy ins ernste Fach. Mit einer Gastrolle als Senator im TV-Drama "Fackeln im Sturm" verabschiedet sich Gene Kelly 1987 von seinem Publikum.
Stand: 02.02.2011
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