Im März 1825 geht die Bremer Bürgersfrau Gesche Gottfried mit ihrer besten Freundin Anna Lucia Meyerholtz in die Oper. Beide haben einen vergnüglichen Abend, am nächsten Morgen frühstücken sie Zwieback miteinander. "Ich ging mit dem Messer an die Schubkommode, nahm die Mäusebutter und schmierte sie auf den Zwieback", wird sich Gottfried laut Vernehmungsprotokoll später erinnern. "Des Abends gegen neun Uhr erhielt ich die Nachricht, dass die Meyerholtz sich unwohl befinde." Ein paar Tage später stirbt die Freundin unter entsetzlichen Schmerzen.
Anna Lucia Meyerholtz ist Gottfrieds zehntes Opfer – ermordet mit einer Mischung aus Arsen und Schmalz, die zur Tötung von Mäusen und Ratten vorgesehen ist. Zu diesem Zeitpunkt hat Gottfried innerhalb der Bremer Bürgerschaft immer noch einen untadeligen Ruf.
Serienmorde aus Gelegenheit
Geboren wird Gottfried 1785 als Tochter eines einfachen Schneidermeisters und einer Wollnäherin in Bremen. An ihrem 21. Geburtstag steigt sie durch die Heirat mit einem Sattlermeister in die wohlhabenden Kreise der Hansestadt auf. Aber ihr Mann, mit dem sie drei Kinder hat, bringt sein Geld in Kneipen und Bordellen durch: Weil Gift aus dem Bestand ihrer Mutter im Haus ist, beschließt sie nach eigener Aussage, ihn zu ermorden.
Danach löscht Gottfried nach und nach ihre Familie aus, indem sie ihren Verwandten das kaum nachweisbare Arsen ins Essen mischt: zunächst ihrer Mutter, dann ihren beiden Töchtern, ihrem Vater, ihrem Sohn und ihrem Zwillingsbruder. Ihr zweiter Mann überlebt die Hochzeit nur um wenige Tage. Wegen dieser vielen "Unglücksfälle" wird die Frau in ganz Bremen bedauert.
"Ich tat es aus Trieb"
1817 ist das Gift der Mutter verbraucht. Sechs Jahre lang gibt Gottfried danach Ruhe, dann liest sie in der Zeitung ein Inserat für "Mäusebutter". Sie lässt sich das Produkt von einem späteren Opfer aus der Apotheke holen; durch Experimente am lebenden Objekt findet sie heraus, welche Menge krank macht - und welche Dosierung tödlich ist. Mit Kirschsuppe, Butterkuchen und Haferschleim mordet sie weiter. Unter anderem sterben ihre Magd und deren Tochter, aber auch Freunde und Freundinnen.
Am Ende sind es 15 Mordopfer und 19 Menschen, die Gottfried mit Arsenzufuhr über Jahre krank gemacht hat. "Einen Grund hatte ich nicht", steht in den Vernehmungsprotokollen. "Ich tat es aus Trieb."
Gerichtet mit dem Schwert
Ihr schlechtes Gewissen aber lässt Gottfried offenbar nicht in Ruhe. Schließlich bestreicht sie ein Stück Fleisch derart offensichtlich mit Mäusebutter, dass ein Anfangsverdacht auf sie fallen muss. Im Verhör, in dem sie problemlos hätte leugnen können, gesteht sie plötzlich alle Taten.
Am 21. April 1831 wird Gesche Gottfried öffentlich auf dem Domshof in Bremen mit dem Schwert geköpft. Es ist die letzte Hinrichtung in der Hansestadt.
Stand: 21.04.2011
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