Rückständig, autoritär regiert, Hochburg der Korruption und des Drogenschmuggels - Paraguay gilt heute als das Armenhaus Südamerikas. Hauptverantwortlich für den jämmerlichen Zustand des von Brasilien, Bolivien und Argentinien umschlossenen Binnenstaates ist General Alfredo Stroessner.
Seine einstigen Gefolgsleute verteidigen Stroessner noch immer als patriotischen Kämpfer und Architekten einer stabilen Ordnung. Das Volk aber erinnert sich an den Diktator, der Paraguay 35 Jahre lang im Ausnahmezustand regierte, als einen grausamen und unersättlichen Tyrannen. Als Folterer in Uniform, dessen Terrorherrschaft Tausende das Leben kostete und rund eine Million Menschen ins Exil trieb.
Bayerische Wurzeln
Paraguay ist ein Staat ohne demokratische Tradition. Nach der 1811 erlangten Unabhängigkeit wird er von Despoten regiert und ausgebeutet. Erst in den 1880er-Jahren kann General Bernadino Caballero das Land mit Hilfe gezielter Anwerbung vor allem deutscher Einwanderer zeitweise stabilisieren. 1887 gründet er die Partido Colorado, die Partei der Militärs und Großgrundbesitzer. Von nun an schreiben die Colorados Paraguays Geschichte. Stroessner führt sie ab 1954 zu diktatorischer Macht, die sie erst 2008 mit der Wahl des früheren Bischofs Fernando Lugos zum Präsidenten verlieren.
Alfredo Stroessner wird 1912 in Paraguay als Sohn eines Buchhalters aus dem oberfränkischen Hof und einer Guarani-Indianerin geboren. Mit 16 Jahren tritt er in die Armee ein und wird als "mutig, diszipliniert, unermüdlich" beurteilt: "Stratege und Organisationstalent, liebt die Verantwortung." In den folgenden, von Staatsstreichen, Kriegen und Bürgerkriegen geprägten Jahrzehnten, gelingt dem gewieften Macht-Taktiker eine steile Karriere. 1953 hat Stroessner als Oberbefehlshaber der Armee sein Ziel erreicht; keine zwölf Monate später putscht er sich als Militärdiktator an die Macht und lässt sich zum Staatspräsidenten wählen.
Zuflucht für Josef Mengele
Mit Stalinschem Terror beseitigt der glühende Antikommunist alle Widersacher und baut ein dichtes, ihm höriges Spitzel-Netzwerk auf. "Jedes Mittel war ihm recht", schreibt sein Biograf Bernardo Neri Farina, "an der Spitze stand er, seine Macht war absolut." Für Geld ist in Stroessners Paraguay künftig alles zu haben. International gesuchten Verbrechern, darunter Nazis wie der KZ-Arzt Josef Mengele, bietet der korrupte Diktator eine sichere Zuflucht. Auch übelste Foltermethoden und Hunderte spurlos verschwundene Oppositionelle halten westliche Verbündete wie die USA und die Bundesrepublik nicht davon ab, Stroessner als verlässlichen Partner zu unterstützen. CSU-Chef Franz Josef Strauß verleiht ihm 1973 den bayerischen Verdienstorden.
Erst in den 80er-Jahren beginnt Stroessners Rückhalt im In- und Ausland zu bröckeln. Zwar wird er 1988 noch einmal – als einziger Kandidat – zum Präsidenten gewählt. Doch wenige Monate später, im Februar 1989, stürzt ihn sein engster Vertrauter, General Andrés Rodriguez. Alfredo Stroessner darf nach Brasilien ins Exil gehen, wo er am 16. August 2006 an einer Lungenentzündung stirbt.
Stand:16.08.2011
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