Stichtag

8. August 2005 - Vor 50 Jahren: Erste Atomenergie-Konferenz in Genf

Otto Hahn zeigt sich begeistert. "Was ich hier in diesen Tagen gesehen habe", diktiert der Vater der Atomkernspaltung von 1938 den Reportern in die Mikrophone, habe ihn "erschüttert".

Hahn ist einer von über 1.000 Wissenschaftlern, die am 8. August 1955 nach Genf gekommen sind, um auf der ersten Atomenergie-Konferenz der Vereinten Nationen ihre Erfahrungen auszutauschen. Zwei Wochen lang dreht sich alles um die friedliche Nutzung einer Kraft, die in Hiroshima und Nagasaki zu Kriegsende ihre verheerende Wirkung offenbart hat.

Atome für das Paradies

Der "Weg in ein neues Zeitalter" lockt. So sieht es US-Präsident Dwight D. Eisenhower, der kurz vor der Konferenz seine Rede "Atoms for Peace" vor der UNO-Vollversammlung gehalten hat. Und so sehen es wohl auch die Konferenz-Teilnehmer, auch wenn den meisten die Schattenseiten der Atomenergie bekannt sein dürften.

Ein amerikanischer Werbefilm bringt es auf den Punkt. Er prophezeit eine strahlende Zukunft voll atomarer Energie: "Damit die Evas dieser Welt ihr Paradies genießen können. In einem elektrischen Garten Eden." Und der Philosoph Ernst Bloch träumt in seinem weit verbreiteten Buch "Das Prinzip Hoffnung" (1954-1959) gar davon, mit Hilfe von "hundert Pfund Uranium und Thorium die Wüste Gobi verschwinden zu lassen, Sibirien und Nordkanada, Grönland und die Antarktis zur Riviera zu verwandeln".

Wirtschaftliche Umwälzung auf lange Sicht?

Ein halbes Jahr später hat Deutschland zwar noch kein Atomkraftwerk, wohl aber einen Atomminister. Anfang 1956 tritt ein selbstbewusster Franz Josef Strauß (CSU) vor die Kameras. "Auf uns kommt die Aufgabe zu, der Menschheit zu zeigen, dass die Verwertung der Atomenergie geeignet ist, eine wirtschaftliche Umwälzung auf lange Sicht herbeizuführen."

Erst 15 Jahre später werden die Anhänger der "Atomkraft? Nein danke!"-Bewegung das ganz anders sehen. Inzwischen hat die Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Von den hehren Plänen der Atomenergie-Konferenz in Genf und von Franz Josef Strauß ist hierzulande nicht einmal heiße Luft geblieben.

Stand: 08.08.2005