Zwischen 1962 und 1971 steigen die Mietpreise in Hamburg um 78 Prozent. Manche Mieter nehmen die Entwicklung zum Anlass, sich ein eigenes Haus bauen zu lassen. Einer von ihnen ist der damalige NDR-Produktionsleiter Günter Handke. Doch beim Bau seines Wohneigentums gibt es jede Menge Ärger. Er hat zu kämpfen mit Finanzierungsplänen, Bauauflagen und Handwerkerpfusch. Sein Traumhaus-Trauma liefert ihm die Idee für ein realitätsnahes Fernsehspiel. Gemeinsam mit dem damals noch unbekannten Regisseur Dieter Wedel schreibt Handke das Drehbuch.
Die erste Folge des Dreiteilers "Einmal im Leben - Geschichte eines Eigenheims" läuft am 16. Januar 1972 in der ARD. Im Mittelpunkt stehen Bruno Semmeling und seine Ehefrau Trude. Gespielt werden sie von Fritz Lichtenhahn und Antje Hagen. Auch den Semmelings wird die Miete erhöht. Bruno, der als Diplom-Ingenieur in einer Maschinenbaufabrik arbeitet, wird von seinen Kollegen ermuntert, ein Eigenheim zu bauen. Zu Beginn des Bauabenteuers ist er gut gelaunt: "Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass ich es gemacht habe: Rein ins kalte Wasser."
Wechselnde Erzählperspektiven
Gedreht wird "Einmal im Leben" unter anderem am Rande von Hamburg. Dort werden sechs Bungalows erstellt. Um Kosten zu sparen, wird in zwei der entstehenden Neubauten gefilmt. In der Presse wird dagegen fälschlicherweise behauptet, der NDR als Produzent habe die beiden Häuser nur für die Filmarbeiten errichtet.
In "Einmal im Leben" setzt Regisseur Wedel auf wechselnde Erzählperspektiven. Er lässt die Schauspieler aus der Handlung heraustreten: Die Filmfiguren sprechen direkt in die Kamera und teilen dem Fernsehpublikum mit, was sie denken - etwa der gerissene Makler, der überarbeitete Architekt oder der windige Bauunternehmer.
Einschaltquote von fast 50 Prozent
Bruno Semmeling und Ehefrau Trude erleben während des Baus eine Kette von Katastrophen. Sie kommen mit der Baufinanzierung nicht klar. Drei Mal müssen sie den Architekten wechseln. Ihre Baugrube säuft ab. Die eingesetzte Elektropumpe wird gestohlen. Die Handwerker sind unpünktlich. Kaum ein Termin wird gehalten. Die Mehrkosten betragen fast so viel, wie Bruno Semmeling in einem ganzen Jahr verdient. Trotzdem sagt er am Ende von "Einmal im Leben": "Dieser erste Morgen im eigenen Haus war überwältigend."
Für Dieter Wedel ist es die zweite Regiearbeit. Bis dahin hatte Wedel nur den Film "Gedenktag" über den Aufstand am 17. Juni 1953 in der DDR inszeniert. Für "Einmal im Leben" wird er mit der "Goldenen Kamera" ausgezeichnet. Fast jeder zweite Bundesbürger hat den Dreiteiler gesehen. Vier Jahre später inszeniert Wedel einen weiteren Semmeling-Dreiteiler für die ARD: In "Alle Jahre wieder" schickt er die Familie in den Pauschalurlaub. 30 Jahre nach "Einmal im Leben" dreht Wedel den Sechsteiler "Die Affäre Semmeling", der im ZDF ausgestrahlt wird. Darin taucht die brave Familie ein in die Abgründe der Politik.
Stand: 16.01.2012
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