Die Idee stammt von Arthur C. Clarke, der Science-Fiction-Romane schreibt. Der britische Mathematiker und Radartechniker schlägt 1945 in einer Fachzeitschrift vor, künstliche Himmelskörper zu bauen, um Nachrichten rund um den Erdball übermitteln zu können: "Die Raumstation ist ideal geeignet und hat keine praktische Alternative für einen Hochfrequenz-Rundfunk einschließlich Fernsehen." Auch für "Navigationshilfen" oder "Faksimileübertragungen von bis zu 100.000 Seiten pro Stunde" eigne sich ein solcher Satellit. Der Artikel von Clarke, der später durch sein Buch "Odyssee im Weltraum" und dessen Verfilmung bekannt wird, weckt das Interesse von US-Navy und US-Airforce.
Die Navy schickt 1960 den Satelliten "Echo" in den Himmel - ein silbriger Ballon mit 30 Metern Durchmesser. Wie ein großer Spiegel wirft "Echo" die von der Erde kommenden Funkwellen zurück. Das Signal dieses passiven Satelliten ist allerdings schwach. Deshalb wird "Telstar" entwickelt: ein aktiver Satellit, der die Signale empfängt, sie verstärkt und auf einer anderen Frequenz zur Erde zurückschickt.
600 Telefongespräche gleichzeitig
Am 10. Juli 1962 startet in Cape Canaveral eine 28 Meter hohe Rakete des Typs Delta M-19 in den Morgenhimmel. An Bord ist "Telstar", der knapp 80 Kilogramm schwer, fast kugelrund und ungefähr so groß wie ein Sitzball ist. Drei Stunden später melden die Amerikaner, dass der erste Nachrichtensatellit in der Erdumlaufbahn ist, und übertragen die amerikanische Flagge als Fernsehbild. "Telstar" kann 600 Telefongespräche gleichzeitig übermitteln. Ein enormer Fortschritt: Das Atlantikkabel, über das man bisher von Kontinent zu Kontinent telefonieren konnte, hat gerade einmal 36 Leitungen.
Telefonieren über "Telstar" hat allerdings auch Nachteile: Die Verbindung ist nur etwa alle zweieinhalb Stunden für jeweils etwa zehn bis 20 Minuten verfügbar. Denn "Telstar" bewegt sich auf einer elliptischen Umlaufbahn - in einem Höhenbereich zwischen 957 und 5.600 Kilometern. Das bedeutet: Er taucht lediglich alle zweieinhalb Stunden kurz hinter dem Horizont auf, und seine Signale sind nur dann von den Satellitenschüsseln erreichbar. Währenddessen müssen außerdem die über 300 Tonnen schweren Satellitenschüsseln aufwendig nachgeführt werden. Ursprünglich sollen mehrere Satelliten eine Art Kette im All bilden, um die Empfangs- und Sendezeiten verlängern. Doch "Telstar" ist zu kompliziert und zu teuer für die kommerzielle Nutzung.
600.000 Teile Weltraumschrott
Die Lösung dieser Probleme geht ebenfalls auf eine Idee von Arthur C. Clarke zurück: Knapp drei Jahre später wird mit "Early Bird" der erste geostationäre Satellit im All stationiert. Er kann 240 Telefonate oder wahlweise eine Fernsehsendung übertragen. Sein Vorteil: Wenn man einen Himmelskörper über dem Äquator in eine knapp 36.000 Kilometer hohe Umlaufbahn schießt, dann braucht er für diesen Erdumlauf exakt 24 Stunden - genau so lange wie die Erde selbst. Von der Erde aus gesehen sind solche Satelliten fix am Himmel positioniert und deren Signale können durchgängig mit fest installierten Antennen eingefangen werden.
Heute gehen die meisten Fernseh-Übertragungen wieder durch den Atlantik: Durch Glasfaserverbindungen können größere Datenmengen als per Satellit transportiert werden. Zudem müssen keine weiteren Nachrichtensatelliten in den immer enger gewordenen erdnahen Weltraum geschossen werden. Denn auf den Umlaufbahnen kreisen mittlerweile nicht nur rund 20.000 Satelliten, sondern auch geschätzte 600.000 Trümmerteile von kollidierten Satelliten. Zum Weltraumschrott gehört auch "Telstar". Wegen eines Atombombenversuchs der Amerikaner außerhalb der Atmosphäre fällt der Satellit nach nur vier Monaten aus. Die Techniker können ihn zwar noch einmal für sechs Wochen in Betrieb nehmen. Doch dann funktioniert er nicht mehr.
Stand: 10.07.2012
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 10. Juli 2012 ebenfalls an den Start des Nachrichtensatelliten "Telstar". Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.