Ihr Schleiertanz fasziniert das Publikum in ganz Europa: Mata Hari ist Anfang des 20. Jahrhunderts eine der ersten Tänzerinnen, die sich auf der Bühne auszieht. Als die Niederländerin im Alter von 28 Jahren zu tanzen beginnt, hat sie kein einfaches Leben hinter sich. Geboren wird Margaretha Geertuida Zelle, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, am 7. August 1876 im niederländischen Leeuwarden. Zunächst wird sie von ihrem Vater verwöhnt und mit Geschenken überhäuft. Doch als Greta 13 Jahre alt ist, endet ihr Prinzessinnen-Dasein abrupt: Ihr Vater, ein Hutmacher, geht bankrott und verlässt seine Familie. Zwei Jahre später stirbt die Mutter.
Als 19-Jährige heiratet Greta den Kolonialoffizier Rudolf MacLeod und bekommt mit ihm zwei Kinder. Doch die Ehe in Niederländisch-Ostindien, dem heutigen Indonesien, verläuft unglücklich. Der handgreifliche Ehemann trinkt, spielt und geht fremd. Als der zweijährige Sohn schwer erkrankt und stirbt, macht MacLeod Greta dafür verantwortlich. Zurück in Amsterdam nimmt MacLeod seiner Frau die Tochter weg - und verbreitet per Zeitungsannonce, Greta sei nicht kreditwürdig. Sie steht mittellos da, verdingt sich als Prostituierte und beschließt 1904, in Paris ein neues Leben zu beginnen.
Internationale Kontakte
In der französischen Hauptstadt bietet sie sich als Modell für Maler an, dann bewirbt sie sich als Zirkusreiterin. Doch mangels Talent rät ihr der Direktor, es mit ihrer Figur doch als Tänzerin zu versuchen. Das Paris der Belle Époque ist verrückt nach Exotischem. Dunkle Haare, dunkle Haut und volle Lippen hat Greta schon. Dazu erfindet sie eine neue Biografie: Fortan ist sie die Tochter einer indischen Tempeltänzerin und nennt sich Mata Hari, malaiisch für "Augen der Morgenröte".
Mata Hari tanzt in noblen Nachtclubs, auf Privatpartys und in renommierten Salons: in Wien, Monte Carlo, an der Mailänder Scala und auf den Soirées der Bankiersfamilie Rothschild. Der Erfolg basiert nicht so sehr auf einer ausgefeilten Tanztechnik - sie hat nie eine Ausbildung absolviert -, sondern auf ihrer Enthüllung während des Tanzens. Die Künstlerin habe aber, sagt Mata-Hari-Kennerin und Buchautorin Ute Maucher, "auf jeden Fall immer dieses Oberteil angelassen - den Büstenhalter, der mit Steinen bestickt war". Mata Hari findet offenbar ihren Busen zu klein. Neben ihren Auftritten hat sie noch eine weitere Einnahmequelle: Sie gilt als Edelprostituierte. Ihre intimen Kontakte sind international. Sie schläft mit Botschaftern, Diplomaten und hochrangigen Militärs. Auch mit dem Sohn des Deutschen Kaisers soll sie zusammen gewesen sein. Hat sie einen reichen Langzeit-Liebhaber, tritt Mata Hari monatelang nicht auf.
20.000 Francs Einstiegshonorar
Nach zehn Jahren auf der Bühne bekommt die mittlerweile 38-Jährige mehr und mehr Konkurrenz durch Jüngere, die ihren Tanzstil kopieren. Sie verdient weniger und ist in Geldnot, als der Erste Weltkrieg beginnt. Ein deutscher Generalkonsul wirbt Mata Hari als Agentin an. Ihre Kontakte zu hochrangigen Offizieren sind dem deutschen Nachrichtendienst 20.000 Francs Einstiegshonorar wert. Als auch der französische Geheimdienst sie als Agentin anwirbt, und ihr eine Million Francs bietet, wird Mata Hari zur Doppelspionin. Doch sie verschätzt sich. Die Franzosen haben sie nur angeworben, um sie der Spionage für die Deutschen zu überführen.
Mata Hari muss sich vor Gericht verantworten. Am 25. Juli 1917 wird sie wegen Doppelspionage und Hochverrats zum Tode verurteilt. Sie ist wohl nur ein Bauernopfer der Geheimdienste: "Die Beweise, die vorgelegt wurden bei der Verhandlung, haben gar nichts bewiesen", sagt Autorin Ute Maucher. "Es ist bis heute auch nicht klar, welche Informationen sie hätte weitergegeben haben sollen." Am 15. Oktober 1917 bricht ihr letzter Tag an. Mata Hari erfährt erst eine Stunde vor der Hinrichtung, dass es soweit ist. In Vincennes bei Paris werden zwölf Gewehrläufe auf die 41-Jährige gerichtet. Angeblich wirft sie dem Pfarrer noch einen Handkuss zu. Dann stirbt Mata Hari im Kugelhagel.
Stand: 25.07.2012
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 25. Juli 2012 ebenfalls an Mata Hari. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.