Mitte Oktober 1940 um 9.00 Uhr sitzt BBC-Sprecher Bruce Belfrage wie gewöhnlich im Anzug und mit Fliege am Mikrofon im Londoner Funkhaus und verliest die Nachrichten. Da schlägt in unmittelbarer Nachbarschaft eine deutsche Fliegerbombe ein. Die Detonation erschüttert das bröckelnde Gebäude - nicht aber Belfrage, der nach einer kurzen Unterbrechung weiterliest, als wäre nichts gewesen.
Anekdoten wie diese tragen schon früh zum Image der British Broadcasting Corporation (BBC) als unerschütterlichem und seriösem Sender bei.
Am Anfang stand Kommerz
Gegründet wird die BBC vor allem, um dem Wildwuchs des britischen Radiomarkts Einhalt zu gebieten. Dieser ist fest in der Hand der Hersteller von Radioapparaten, die mit regionalen Sendern von zumeist geringer Reichweite versuchen, ihre Produkte an den Mann zu bringen. Mit Sorge blicken sie auf die Entwicklung in den USA, wo durch Werbung finanzierte Sender wie Pilze aus dem Boden schießen.
Um diese Entwicklung auf der Insel zu verhindern, gründen die Unternehmer zusammen mit Vertretern des Postamts am 18. Oktober 1922 die BBC als staatliche, irgendwie aber doch auch private Rundfunk-Behörde. Noch steht das "C" im Namen nicht für "Corporation", sondern "Company": Wer nicht drin ist, darf von britischem Boden aus keine Sendungen in den Äther schicken.
Bibelstunden statt Unterhaltungsprogramm
Die privaten Konkurrenten schert die Regelung zunächst wenig: Sie senden vom europäischen Festland aus in die englische Heimat und treffen auf offene Ohren – auch wenn die BBC mit ihrer objektiven Berichterstattung und einer eigenständigen Nachrichten-Redaktion bald schon zu einer seriösen Institution des Weltreichs wird. Schuld daran ist nicht zuletzt der tief religiöse BBC-Intendant John Reith, der Unterhaltungsprogramme an Sonntagen strikt ablehnt und die arbeitende Bevölkerung mit Bibelstunden in die Arme der Konkurrenten treibt.
In den 30er Jahren beginnen die englischsprachigen Sender auf nicht-britischem Territorium die Monopolstellung der BBC ernsthaft zu bedrohen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die meisten Untertanen Georges V. über den Sender zu Weihnachten 1932 die Stimme ihres Königs erstmals hören können.
Durch den Krieg gerettet
Endgültig festigen kann die BBC ihre Stellung mit der Kriegserklärung von 1939, die auch den ausländischen Privatsendern die Existenz entzieht. Darüber hinaus expandiert die Sendeanstalt als zwar staatliche, immer aber auch objektive und verlässliche Informationsquelle inmitten des Propagandafunks auch international. Obwohl es im nationalsozialistischen Deutschland bei Todesstrafe verboten ist, den BBC World Service einzuschalten, drehen viele Deutsche ihren Volksempfänger auf eine Frequenz, von der aus der typische Spruch "This is London calling" beziehungsweise "Hier ist England" zu hören ist.
Ihre weltumspannende Rolle hält die BBC, die längst auch Fernsehprogramme und Internetangebote betreibt, immer noch. Heute sendet die britische Rundfunkanstalt in 33 Sprachen über Kurzwelle und Satellit.
Stand: 18.10.2012
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