Stichtag

3. November 1992 - Bill Clinton wird zum US-Präsidenten gewählt

Bei den Präsidentschaftswahlen am 6. November 2012 droht dem Demokraten Barack Obama, was alle US-Präsidenten als besonders schmerzliche Niederlage fürchten: nach nur einer Amtsperiode dem politischen Rivalen zu unterliegen. Dieses Schicksal hat zuletzt vor 20 Jahren ein Republikaner hinnehmen müssen. George Bush, der als Sieger des ersten Golfkriegs lange Zeit als unschlagbar gilt, verliert am 3. November 1992 seine Wiederwahl gegen einen demokratischen Newcomer namens Bill Clinton.

Mit der Amtszeit von Bush, dem Nachfolger des beliebten Ronald Reagan, endet auch die zwölfjährige Herrschaft der Republikaner im Weißen Haus. Clinton, als Halbwaise bei einem prügelnden, trinkenden Stiefvater aufgewachsen, hatte bislang nur als Gouverneur des kleinen "Hinterwäldler"-Staats Arkansas amtiert, dabei aber beachtliche Erfolge erzielt.

Perspektiven für die Babyboomer

Unterstützt wird der instinktsichere Vollblut-Politiker von seiner ambitionierten Frau Hillary. Mit seinen 46 Jahren repräsentiert Clinton die junge Generation der Babyboomer, während Bush schon im Zweiten Weltkrieg Auszeichnungen sammelte. Noch ein Jahr vor der Wahl hätte trotzdem selbst in der demokratischen Partei niemand einen Cent darauf gesetzt, dass der Wehrdienstverweigerer Clinton eine Chance gegen Bush haben könnte. Seit Franklin D. Roosevelt hatte es kein Demokrat mehr geschafft, die Wiederwahl eines republikanischen Präsidenten zu verhindern.

Doch ausgestattet mit Charisma, Intelligenz und Ausdauer zieht Bill Clinton in einem Wahlkampf-Marathon an George Bush vorbei. Nach Golfkrieg, Staatsverschuldung, Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit macht er den Amerikanern mit neuen Zukunftsperspektiven Hoffnung auf einen Wandel. Man müsse "unseren Menschen wieder Chancen geben, sie zu befähigen, mehr Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen, Probleme anzugehen, die lange ignoriert wurden", ruft der erklärte Anhänger von John F. Kennedy den Amerikanern zu.

Mit Hillary durch die Lewinsky-Affäre

Am 20. Januar 1993 zieht William Jefferson Clinton als 42. Präsident der Vereinigten Staaten ins Weiße Haus ein. Nach dem Zerfall der Sowjetunion konzentriert er sich auf Amerikas innere Probleme und leitet die Schaffung einer für alle bezahlbaren Krankenversicherung ein. Es ergeht ihm wie später Barack Obama: Eine mächtige Lobby aus Konservativen, Versicherungskonzernen und Gesundheitsindustrie macht rigoros Front gegen das "sozialistische" Vorhaben. Schließlich bringen die Republikaner Clintons Gesundheitsreform zu Fall und blockieren Maßnahmen wie den Abbau der Staatsverschuldung und höhere Spitzensteuersätze.

Doch Clinton lernt aus politischen Fehlern, punktet medial als Saxofonspieler und gewinnt die Wiederwahl 1996 mit klarem Vorsprung vor dem blassen Republikaner Bob Dole. Ab 1998 überschattet die Sex-Affäre um die Praktikantin Monica Lewinsky seine zweite Amtszeit. Trotz eines eingeleiteten Verfahrens zur Amtsenthebung und ramponierten Ansehens übersteht Clinton den Skandal – vor allem dank der Unterstützung seiner Frau Hillary.

Auf internationaler Bühne bleibt Clinton zurückhaltend, ohne nachhaltige Impulse zu setzen. Innenpolitisch jedoch erzielt er beeindruckende Erfolge: die Steuern auf kleine Einkommen werden gesenkt, der Spitzensteuersatz angehoben; die Arbeitslosenzahl mindert er um fast die Hälfte und verwandelt das Milliarden-Loch im Haushalt in einen Milliarden-Überschuss. Zum Ende seiner Präsidentschaft 2001 erklärt Bill Clinton stolz: "Seit 15 Jahren verkaufen wir erstmals wieder mehr Autos als je zuvor. Wir sind die Nummer eins."

Stand: 03.11.2012

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.