Nachdem er zuvor an der University of California in Berkeley im Rahmen der Studentenbewegung "Free Speech Movement" für die freie Rede und für akademische Freiheit demonstriert hat, schmeißt der Musikliebhaber Jann Wenner 1966 aus Frust sein Studium und sucht nach einer Aufgabe. Draußen beginnt die Welt, sich zu verändern. Die Hippie-Bewegung verkündet Frieden, Drogen und die freie Liebe, die Amerikaner kämpfen in Vietnam, Musiker wie Janis Joplin, Jimi Hendrix oder Bob Dylan revolutionieren die Musiklandschaft. Da will Wenner lieber die Welt verändern, als in Berkeley Politikvorlesungen zu hören.
Da trifft der 21-jährige Wenner auf den Musikkritiker Ralph J. Gleason, der gerade in einer Zeitschrift über Dylans Song "Like a Rolling Stone" und sein Verhältnis zur neuen Generation junger Amerikaner einen Artikel publiziert hat. Am 9. November 1967 gründen sie in der Hipppiestadt San Francisco das Musikmagazin "Rolling Stone", das schon bald zu einem wichtigen Forum der Flower-Power-Bewegung avanciert. Thematisch richtet sich die neue Zeitschrift, die eine Marktlücke schließt, laut Wenner an allem aus, was "wir an Änderungen wahrnehmen durch die Kraft des Rock 'n' Roll".
Rock und Pop und Politik
Berühmt wird der "Rolling Stone" nicht nur wegen seiner ausgefallenen Cover-Fotos, etwa von Fotografin Annie Leibovitz, die 1980 den nackten John Lennon fotografiert, wie er sich in Embryonalstellung an seine bekleidete Frau Yoko Ono schmiegt. Berühmt wird die Musikzeitschrift vor allem auch wegen des erfrischenden, ebenso unkonventionellen wie teils exzentrischen Schreibstils seiner Autorinnen und Autoren.
Der Journalist Hunter S. Thompson begründet dabei Anfang der 70er Jahre sogar ein eigenes Genre: den so genannten Gonzo-Journalismus - zwischen Reportage und Literatur - mit dem der Autor sich selbst ganz bewusst in Beziehung zu den Ereignissen setzt.
Auch wenn Jann Wenner angibt, den "Rolling Stone" vor allem "aus Liebe zum Rock 'n' Roll" gegründet zu haben, will das Blatt als eher links orientiertes Medium seiner Generation immer auch politisch wirken. Dabei bergen die investigativen Berichte des "Rolling Stone" bis heute Zündstoff, etwa die heftig diskutierten Beiträge zur Verstrickung von Großbanken in die Wirtschaftskrise.
2010 plaudert der Vier-Sterne-General Stanley McChrystal, US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, derart unverblümt über seine Einstellung zur Obama-Regierung, dass er kurz darauf nach einem Gespräch mit dem Präsidenten seinen Hut nehmen muss.
Leserschaft der 30-Jährigen
Heute erscheint die englischsprachige Ausgabe des "Rolling Stone" alle zwei Wochen mit einer Auflage von rund 1,5 Millionen Exemplaren, die vor allem die Leserschaft der 30-Jährigen anspricht. Seit 1994 gibt es auch eine deutsche Ausgabe des Magazins, zu dessen Redaktionsstamm Mitte der 90er Jahre auch der spätere Pop-Literat Benjamin von Stuckrad-Barre gehörte. Auflage: rund 50.000 Exemplare.
Stand: 09.11.2012
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.