1931 kommt Charlie Chaplin nach Berlin. Die Stadt bereitet dem berühmtesten Stummfilmstar aller Zeiten einen grandiosen Empfang. "Es rieselt im ganzen Bahnhof von Menschen", schreibt die "Frankfurter Zeitung". Und weiter: "Es ist Erwartung auf den, der ihnen vertrauter als kaum ein anderer Mensch ist. Weil er sonst nichts ist als Mensch."
Es ist diese Form von Menschlichkeit, die ihn schon bald zu einem Hassobjekt der Nationalsozialisten macht. Dieser Hass erreicht mit dem Film "Der große Diktator" 1940 seinen Höhepunkt. Darin spielt Chaplin einen jüdischen Friseur, der dem Herrscher von Tomanien gleicht wie ein Ei dem anderen. Und er spielt den Herrscher, der eindeutig als Adolf Hitler zu identifizieren ist. Dass Chaplin Hitler dabei als selbstverliebten Popanz entlarvt, der mit der Erde wie mit einem Luftballon spielt, und schließlich aufgrund eines Missverständnisses durch seinen jüdischen Doppelgänger ersetzt wird, macht Hitler rasend.
Tramp mit Melone
Charles Spencer Chaplin wird 1889 in England, vermutlich in London, geboren. Seine Eltern sind arme Varietékünstler; er selbst hat seinen ersten Auftritt mit fünf Jahren. 1901 entscheidet er sich für eine Schauspielkarriere, sechs Jahre später ist er ein Star in Londoner Pantomime-Produktionen. Von 1910 geht Chaplin mit einer Theatertruppe auf Tournee durch die USA und Kanada. Hier entdeckt die Filmindustrie sein komisches Talent.
1913 unterschreibt Chaplin einen Vertrag bei der Filmgesellschaft "Keystone". Drei Mal wechselt er die Produktionsfirma, bis er 1922 seine eigene gründet. Da hat er schon in 72 Stummfilmen mitgespielt, von denen "The Kid" (1921) der bekannteste ist. Zu dieser Zeit sind Schnurrbart, Melone und Spazierstock längst zu seinem Markenzeichen geworden.
Politisch engagierte Komik
1931 spielt Chaplin in "Lichter der Großstadt" einen Tramp, der sich in ein blindes Blumenmädchen verliebt, dem er eine Augenoperation finanziert. Die Zeit des Tonfilms ist längst angebrochen. Trotzdem setzt der Film, der seine Geschichte in der für Chaplin typischen Spannung zwischen haarklein durchkomponiertem Slapstick und melancholischer Sentimentalität entwickelt, ganz auf die Kraft der Bilder und der – von Chaplin selber komponierten – Musik.
Erst 1936 ist Chaplin erstmals zu hören: In "Moderne Zeiten", einem Film über die entfremdenden Absurditäten der modernen Fabrikwelt, singt er einen sinnlosen Text, um die Wirkung seiner Stimme auf das Publikum zu testen. Als er merkt, wie gut sie ankommt, ist er für den Tonfilm bereit.
1940 hat "Der große Diktator" in New York Premiere. Es wird Chaplins größter finanzieller Erfolg. Dreieinhalb Minuten dauert seine Friedensrede als jüdischer Schneider am Filmende, durch die die doppelbödige Komik des Films in einer klaren Botschaft mündet. Vor allem aber zeigt sie, dass Chaplin immer auch ein politisch engagierter Schauspieler und Regisseur sein will – ein Umstand, der ihm nicht nur den Hass der Nationalsozialisten, sondern 1947 auch mehrere Ladungen vor Joseph McCarthys "Komitee für unamerikanische Umtriebe" wegen angeblicher Kommunistennähe einbringt.
Als Chaplin 1952 von der Weltpremiere des Films "Rampenlicht" in England zurück kehrt, wird ihm die Wiedereinreise in die USA verwehrt. 1957 setzt sich Chaplin in der Mediensatire "Ein König in New York" auch mit den Hetzkampagnen gegen ihn in seiner ehemaligen Wahlheimat auseinander.1972 darf er für zehn Tage in die USA zurückkehren, um einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk entgegenzunehmen. Er stirbt am 25. Dezember 1977 im schweizerischen Vevey am Genfersee.
Stand: 25.12.2012
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