Grace Kelly war nicht die erste Bürgerliche, die einen Monegassen für sich gewann. Ende des 19. Jahrhunderts lernte Kronprinz Louis II. von Monaco in einem Pariser Variété Marie Juliette Louvet kennen, eine Tänzerin. "Sie muss eine unglaubliche Schönheit gewesen sein", sagt Thomas Veszelits, Journalist und Autor der Hofchronik "Die Grimaldis". Auch dem Maler Henri Toulouse-Lautrec ist sie aufgefallen, er schrieb über Louvet: "In ihrem Blick sitzt eine Aufrichtigkeit, die man bei keiner anderen findet. Ihr Wesen ist mal fröhlich, mal schüchtern, mal kühn oder katzenhaft-kapriziös. Ihr Körper ist geschmeidig wie ein Handschuh."
Fürst Albert setzt auf die uneheliche Enkelin
Kronprinz Louis nimmt die schöne Marie Juliette mit, als er zu den Afrikanischen Jägern nach Algerien versetzt wird. Später hat die monegassische Hofchronik die Cancan-Tänzern zur algerischen Wäscherin stilisiert – was weniger anrüchig klingt. Die Beziehung der beiden bleibt nicht ohne Folgen: Ihre Tochter Charlotte Louise Juliette Louvet kommt am 30. September 1898 im algerischen Constantine zur Welt. Und niemand ahnt damals, dass die uneheliche Tochter bereits im Alter von 22 Jahren Erbprinzessin von Monaco sein wird.
Während Charlotte bei ihrer Mutter in Paris aufwächst und der Vater rührende Postkarten schreibt, macht sich Albert I. von Monaco Sorgen um die Nachfolge. Er selbst ist am Ende des Ersten Weltkriegs 80 Jahre alt und sein Sohn Louis hat bisher keinen männlichen Erben bekommen. Albert muss die männliche Erbfolge jedoch sichern – andernfalls fällt Monaco an einen deutschen Herzog. Also setzt Albert auf die uneheliche Enkelin Charlotte: Er verleiht ihr den klangvollen Adelstitel Herzogin von Valentinois und sucht einen Ehemann aus, Pierre de Polignac, einen Lebemann aus Paris.
Alberts Kalkül geht auf: 1923 kommt Kronprinz Rainier zur Welt, der 1949 als Rainier III. den Thron besteigt. Die turbulente Ehe zwischen Charlotte und Pierre de Polignac ist zu diesem Zeitpunkt längst zerbrochen.
Charlotte macht einen Juwelendieb zum Geliebten
Mit ihrer Schwiegertochter Grace Kelly kann die Fürstinmutter Charlotte, die von den Verwandten nur "Mamou" genannt wurde, wenig anfangen. Dafür kümmert sie sich um Strafgefangene und macht einen davon zu ihrem Geliebten: den berüchtigten Juwelendieb René Girier. "In Monaco haben viele Menschen Karriere gemacht, die eben keinen ganz astreinen Leumund hatten. Und das trägt bis heute zur Faszination von Monaco bei", sagt der Grimaldi-Kenner Thomas Veszelits.
Charlotte Louvet soll die schönste aller Grimaldis gewesen sein, mit einer zierlichen Figur und dem Gesicht einer Porzellanpuppe. Bis zu ihrem Tod im November 1977 – im Alter von 79 Jahren – ist sie eine selbstbewusste, auch widerspenstige Frau, die ihre bürgerliche Herkunft nie verleugnet hat.
Stand: 30.09.2013
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