Seine Waffe sind Worte: Marcus Tullius Cicero kämpft für freie Meinungsäußerung und gegen diktatorische Tendenzen im römischen Staat. "Er war ein genialer Redner", sagt Historiker Wolfgang Schuler. "Cicero hat dafür gekämpft, dass die freie Republik Bestand hat." Der im Jahr 106 vor Christus geborene Emporkömmling sei beim Volk beliebt gewesen. "Wenn er die Stimme erhoben hat, waren die Leute hingerissen." Das habe sich auch auf Ciceros politische Karriere ausgewirkt: "Obwohl er nicht zur Führungsschicht gehörte, wurde er ständig im frühestmöglichen Alter mit der höchstmöglichen Stimmenzahl gewählt."
Cicero hat ein klares Ziel: Er will Konsul werden. Das jährlich zu vergebende Konsulat ist das höchste Staatsamt in der Römischen Republik. Im Sommer 64 v. Chr. bewirbt sich Cicero um das Konsulat im Folgejahr. Er wird an erster Stelle gewählt. Sein Konkurrent Lucius Catilina geht leer aus. In der Folge plant dieser eine Verschwörung, um die Regierung zu stürzen. Daraufhin erklärt der Senat Catilina zum Staatsfeind.
"Vater des Vaterlandes"
Anfang Dezember 63 v. Chr. verfügt Cicero über Beweise, dass einige Männer einen bewaffneten Aufstand vorbereiten. Fünf Personen werden verhaftet und dem Senat vorgeführt. Die Mehrheit des Gremiums stimmt für die Todesstrafe. Konsul Cicero lässt die Hinrichtung sofort durchführen. Für seine Verdienste um den Staat wird er zum "Vater des Vaterlandes" ernannt. Cicero verweist wiederholt auf dieses Ereignis: "Ich darf darauf aufmerksam machen, dass mein Wirken für die Rettung des Vaterlandes im Urteil und Zeugnis der ganzen Welt Anerkennung findet." Doch Selbstbeweihräucherung kommt auch in der Antike nicht gut an. Der griechische Schriftsteller Plutarch notiert später über Cicero: "Er machte sich bei vielen dadurch verhasst, dass er sich immerfort selbst lobte und rühmte."
Nach dem Konsulatsjahr will Cicero auch weiter an der Spitze stehen und das "Ruder des Staatsschiffes" führen. Als Julius Caesar 59 v. Chr. Konsul wird und mit Heerführer Pompeius und Multimillionär Crassus einen Pakt schließt, versucht Cicero, die drei unter seine Kontrolle zu bringen. Doch das gelingt nicht. Als er schließlich Caesar ins Visier nimmt, reagiert dieser prompt: Einer seiner Vertrauten legt eine Gesetzesvorlage vor, wonach jeder gebannt wird, der römische Bürger ohne Verfahren hinrichtet. Die Bestimmung soll auch rückwirkend gelten - und wird damit zum Problem für Cicero: Mit seiner Entscheidung, die fünf Catilinarier hinrichten zu lassen, hat Cicero gegen diese Bestimmung verstoßen, denn die damalige Senatsentscheidung hatte nur Empfehlungscharakter, war aber kein Gerichtsurteil. Cicero wartet deshalb eine Anklage nicht ab, sondern verlässt die Stadt.
"Sich nach Wind und Wetter richten"
Später kann Cicero nach Rom zurückkehren. Immer wieder biedert er sich bei jenem Politiker an, der gerade die Macht hat. Das ist für ihn kein Opportunismus, sondern Taktik: "Es ist wie beim Segeln: Die Kunst besteht darin, dass man sich nach Wind und Wetter richtet, auch wenn man den erstrebten Hafen nicht erreicht." Auf diesem Weg sei es möglich, "schließlich doch dahin zu gelangen, wohin man will." An der Ermordung von Caesar im März 44 v. Chr. ist er nicht beteiligt. Aber dessen Tod bedauert er nicht: "Alles göttliche und menschliche Recht trat er zu Boden, weil er sich in die Idee verrannt hatte, Alleinherrscher zu sein."
In den Kämpfen um die Nachfolge wendet Cicero sich gegen Marcus Antonius, den möglichen nächsten Diktator. In seinen Reden setzt er sich für die Republik ein. Bald steht sein Name auf einer Todesliste. Er will nach Griechenland fliehen. Das Boot wartet schon an der Küste. Doch die Schergen von Marcus Antonius holen ihn am 7. Dezember 43 vor Christus südöstlich von Rom in Formiae am Meeresstrand ein - und schlagen ihm Kopf und Hände ab.
Stand: 07.12.2013
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